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Berlin: Jetzt wird gekontert

Der Senat hat in den letzten Jahren in der Sportförderung Millionen gespart Jetzt reicht’s, sagt der Sportbund – und tischt das Thema im Wahlkampf auf

Ein Abend im Januar, Rathaus Schöneberg, „Bäder-Symposium“. Vor einer Wasserflasche sitzt der Direktor des Landessportbundes (LSB), Norbert Skowronek, und schimpft. „Bald reicht das Geld nicht mehr, um das Licht in den Schwimmhallen anzuschalten“, sagt er und legt lautstark nach: „Geschweige denn, um Wasser ins Becken zu lassen!“

Ein anderer Abend, diesmal im März. Bei Braten und Kartoffelsalat hebt LSB-Präsident Peter Hanisch im „Preußischen Landwirtshaus“ am Olympiastadion mahnend den Finger: „Die Sportplätze der Stadt sind oft schlecht beleuchtet, da trauen sich manche gar nicht mehr hin!“

Die Berliner Sportszene kämpft, und sie will sich einmischen. 555 000 Berliner, organisiert in mehr als 2000 Sportvereinen, sind eine große Lobby in der Stadt. „Wir werden die Parteien fragen, wie sie zum Sport stehen“, sagt Hanisch. Und um es noch einmal zu verdeutlichen: „Ja, wir würden mit dem Thema Sport auch in den Wahlkampf eingreifen.“

Sportler sind es gewohnt zu kämpfen – und sei es um Geld. Der Senat hat in den vergangenen Jahren in der Sportförderung Millionen gespart (siehe Grafik). Sportplätze verkommen, Schwimmbäder werden geschlossen, die Kernsportförderung wird gekürzt, auch das Geld für Baumaßnahmen. Größter Leidtragender ist der Landessportbund. „Wir haben viel ertragen“, sagt Hanisch bei einem Gespräch in seinem Konferenzzimmer am Olympiastadion und wedelt mit einem Stapel Papier. 1993 belief sich die Sportförderung für Berlin noch auf knapp 30 Millionen Euro. 2002 waren es rund 14,5 Millionen. Und im Jahr 2006 sind es knapp zwölf Millionen Euro. „Die Stadt braucht Opernhäuser. Die Stadt braucht Tiergärten. Die Stadt braucht Universitäten“, sagt Hanisch. „Aber auch wir sind mehr als eine halbe Million Menschen – wir sind die größte Bürgeriniative der Stadt.“

Viele hatten in Berlin viel zu klagen in den vergangenen Jahren, oft auf hohem Niveau. Sparmaßnahmen seien notwendig angesichts der Haushaltslage das sagt selbst der LSB. Das Ringen um Fördergelder sei ein harter Kampf, aber es sei auch nie ein unfairer.

Sportsenator Klaus Böger (SPD) gilt unter Sportlern zwar als manchmal kauzig und schroff, aber doch als ehrlicher Politiker, der den Sport nicht kaputt machen will. „Von großer Bedeutung“ sei die Förderung des Breiten- und Spitzensports, und das nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sagt Böger. „Wer gemeinsam Sport treibt, weiß, dass soziale und kulturelle Unterschiede verblassen.“ Auch daher bleibe die Nutzung der Sportanlagen für Vereine kostenlos, sagt Böger. In anderen Städten, etwa in Frankfurt am Main , ist das längst nicht mehr üblich, und in der Finanzverwaltung gibt es ähnliche Ideen auch für Berlin, was der LSB mit Sorge beobachtet.

Böger weiß, wie viele Sportstätten dringend saniert werden müssten. Oder wie viele für Training lange Wege in Kauf nehmen müssen, weil ihr altes Schwimmbad im Kiez geschlossen ist. Er weiß um das Image der Stadt Berlin, die bisher vielleicht nicht als Wirtschaftsstandort protzen konnte, aber sehr wohl als Sportstadt: Hertha BSC, Alba Berlin, die Eisbären, der alljährliche Marathon-Lauf, die Fußball-WM, die Leichtathletik-WM 2009, und irgendwann vielleicht die Olympischen Spiele. „Mit den großen Events werben wir national und international für das Image Berlins als liebenswertes Reiseziel“, sagt Böger.

Doch der Landessportbund will das Augenmerk auch auf die kleinen Beispiele lenken, die zeigen sollen, wie wacklig das Finanz-Gerüst bereits ist. „Die Übungsleiterpauschale“, sagt LSB-Präsident Hanisch, „ist zum Beispiel so ein heikles Ding.“ Rund 2,50 Euro pro Stunde erhalten die lizenzierten Trainer, wenn sie mit ihren Mannschaften zum Spiel fahren. „Und wissen Sie, was ein BVG-Ticket kostet für den Tarif ABC?“ Hanisch und seine Kollegen lächeln wissend. Der Fahrkartenautomat auf dem Bahnsteig liefert später die Antwort: 2,60 Euro. Die Trainer zahlen drauf.

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