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Berlin: Jubiläum: Mut zu schwulen Taten

Robert Opitz hatte einen Plan: Viele kleine Schritte wollte er unternehmen hin zu seinem großen Ziel, dem äußeren Coming Out. Das heißt, allen Verwandten, Freunden und Bekannten das zu sagen, was er für sich schon lange wusste: Dass er nun einmal Männer liebt.

Robert Opitz hatte einen Plan: Viele kleine Schritte wollte er unternehmen hin zu seinem großen Ziel, dem äußeren Coming Out. Das heißt, allen Verwandten, Freunden und Bekannten das zu sagen, was er für sich schon lange wusste: Dass er nun einmal Männer liebt. "Jeden Tag eine schwule Tat, das war mein Motto", sagt Robert, der seit drei Jahren in Berlin studiert. "Es musste einfach geplant werden", sagt er: Lange hatte er gewartet, war schüchtern, hatte Angst und seine Wünsche und Träume versteckt. Erst wenn alle Aufgaben bewältigt sind, wollte er es seiner Mutter erzählen.

Sein Besuch auf der Schwulenparty "House Boys" war so eine Tat. "Ich war einfach nur da und habe einen Mann angelächelt, der mir gut gefiel. Dann bin ich gegangen. Das war ein Erfolg!" Wer zu viel will, sagt Robert, kann leicht scheitern. Oder die Aids-Beratung im Charlottenburger Gesundheitsamt: "Da habe ich es mal ausprobiert, offen als schwul aufzutreten. Hat geklappt!" Robert ließ sich erzählen, wann und wie er Kondome benutzen sollte und ging wieder. Er wusste alles schon, doch das war egal.

Die Schwulenberatung in der Charlottenburger Mommsenstraße war der dritte Schritt. "Ich wollte eigentlich nur schauen, wo sie ist, dann bin ich aber doch hineingegangen", sagt Robert. Ein Therapeut hatte Zeit für ihn, unterhielt sich mit ihm und empfahl die am nächsten Tag beginnende Coming-Out-Gruppe - der Termin war ein glücklicher Zufall. Das Prinzip: Schwule erzählen sich unter Anleitung, wie sie das für sie wichtigste Ereignis im Leben vorbereiten. Robert dachte, mit seinen 21 Jahren spät dran zu sein. In der Gruppe war er der Jüngste: 24, 30 und 40 Jahre alt waren seine Gesprächspartner, die er ab Oktober 1999 ein halbes Jahr lang jeden Freitag in der Charlottenburger Schwulenberatung treffen würde.

Heute feiert die Schwulenberatung ihr zwanzigjähriges Jubiläum. Zum Empfang um elf Uhr im Schöneberger Rathaus will die grüne Ex-Gesundheitsministerin Andrea Fischer kommen. Auch "KomBi", das Kommunikations- und Bildungszentrum "vom anderen Ufer" für Kinder und Jugendliche, und die Schöneberger Lesbenberatung feiern mit, denn sie haben einen gemeinsamen Ursprung: Ein Kreuzberger Beratungszentrum für Homosexuelle, das KBZ.

Während dort vor 20 Jahren noch die Aufklärung und die politische Emanzipation der Homosexuellen wichtig waren, kümmert sich die Charlottenburger Schwulenberatung heute eher um praktische Lebenshilfe, sagt Geschäftsführer Marcel de Groot. Vor allem sei das die psychologische Beratung, aber auch bei Drogensucht, Verschuldung oder Rechtsstreit finden schwule Männer hier Hilfe. Weil sich in der Momsenstraße niemand erklären muss, falle es vielen Klienten leichter, über Probleme zu reden. Die Hilfe ist kostenlos, wer oft vorbeischaut, wird um eine Spende gebeten. Auch von der Gesundheitsverwaltung und dem Arbeitsamt erhält die Schwulenberatung Geld: Alle ihre Leistungen kosten rund 1,5 Millionen Mark jährlich.

Wer Hilfe sucht, bekommt per Anruf einen Beratungstermin, wenn es eilig ist, noch am selben Tag. Die Schwulenberatung unterhält auch zwei therapeutische Wohngemeinschaften. Meist riefen Männer an, die wegen ihres Schwulseins psychische Probleme haben, ab und zu meldeten Mütter ihre Söhne an, "einmal fragte eine Mutter sogar, was sie tun müsste, damit ihr Sohn schwul wird", erzählt de Groot. Aus Bayern habe sich ein Anrufer gemeldet, den ein Pfarrer mit Weihwasser vom anderen Geschlecht überzeugen wollte.

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Christian Donnitz

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