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Andreas Müller.

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Lieber mal kurz in den Knast: Jugendrichter Müller fordert Ausweitung des Neuköllner Modells

Bis zu drei Monate Arrest und Antiaggressionstraining: Der Berliner Jugendrichter Andreas Müller ist ein strikter Befürworter von schnelleren Strafen für jugendliche Straftäter. In seinem neuen Buch fordert er mehr Flexibilität für die Justiz - und eine Ausweitung des Neuköllner Modells.

Von Sabine Beikler

In den 90er Jahren wurde Jugendrichter Andreas Müller durch rigorose und eigenwillige Strafen gegen junge Rechtsradikale bekannt. Junge Straftäter erhielten von ihm die Weisung, keine Springerstiefel mehr tragen zu dürfen, andere mussten eine Moschee besuchen. Müller gilt als harter Jugendrichter. Er fordert in seinem jetzt erschienen Buch „Schluss mit der Sozialromantik!“ zum Beispiel flexiblere Arrestzeiten für junge Straftäter, die bisher auf vier Wochen festgelegt ist. „Es kann sein, dass es für einen jugendlichen Straftäter besser ist, wenn er statt vier doch sechs Wochen Arrest mit Unterstützung von Sozialarbeitern verbüßen muss“, sagte er dem Tagesspiegel.

In seinem Buch schlägt er eine Option auch für drei Monate Arrest vor, „wenn damit die erzieherische Wirkung optimiert werden kann“. Die Arrestzeit sollte vom ersten Tag an mit einem Antiaggressionstraining verknüpft sein, fordert der 52 Jahre alte Jugendrichter. Müller war ein enger privater und beruflicher Weggefährte Kirsten Heisigs. Die Jugendrichterin initiierte das Neuköllner Modell zur schnelleren Bestrafung jugendlicher Gewalttäter. Heisig nahm sich überraschend im Sommer 2010 das Leben. Ihr nach ihrem Tod erschienenes Buch über den konsequenten Umgang mit jugendlichen Straftätern wurde ein Bestseller.

Auch Müller ist ein strikter Befürworter von schnelleren Strafen für jugendliche Straftäter: „Das Neuköllner Modell ist hervorragend, wenn es angewendet wird. Es wird nur nicht genügend angewendet – außer in Berlin und Bayern.“

Müller fordert für Jugendrichter ein breiteres Instrumentarium, um besser auf Fehlverhalten von Jugendlichen reagieren zu können. „Die Lücke zwischen Arrest und Jugendknast muss geschlossen werden. Statt Arrest kann auch unter Umständen kurzer Knast besser sein, allerdings in separaten Abteilungen.“

Seit Jahren ist in Berlin die Jugendgruppengewalt rückläufig: Laut Polizeistatistik 2012 gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 13,5 Prozent um 431 auf 2768 Fälle. „Das heißt aber nicht, dass man die Hände in den Schoß legen darf“, mahnt Müller. „Wir müssen uns ganz besonders um die Intensivstraftäter kümmern.“ Er schätzt, dass Intensivtäter für mindestens 50 Prozent aller Straftaten verantwortlich sind.

Laut Berliner Statistik sind rund 2300 Intensivtäter für rund 20 Prozent aller aufgeklärten Straftaten verantwortlich. Spätestens nach der zweiten Tat müssten diese Jugendlichen vor dem Jugendrichter erscheinen. „Bei einigen wenigen helfen nur freiheitsentziehende Maßnahmen“, sagt Müller. Andreas Müller, „Schluss mit der Sozialromantik! Ein Jugendrichter zieht Bilanz“, Verlag Herder.

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