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© Steinert

Kälte: Berlins rettende Wärme

Wohnungslose trifft dieser Winter besonders hart. Viele Berliner Hilfsangebote bewahren sie vor dem Kältetod. Doch die Helfer würden gerne noch mehr tun - wenn sie dürften.

Der Berliner Winter ist hart: Drei Menschen sind in den letzten Monaten bereits erfroren. Ein Mann sei in der ungeheizten Wohnung, zwei auf den Straßen gestorben, sagt Ortrud Wohlwend von der Berliner Stadtmission. „Und jeder einzelne ist einer zu viel.“ In anderen europäischen Städten erfroren schon in einzelnen Nächten mehr als zehn Menschen. Man sei froh, sagt Wohlwend, dass die eisige Kälte bislang nicht mehr Opfer in Berlin gefordert hat.

Das liegt insbesondere an den Kältehilfe-Einrichtungen der Stadt. „In Berlin ist das Netz der Kältehilfe aus sehr vielen Bürgerinitiativen entstanden“, sagt Wohlwend. Mittlerweile gibt es rund 80 Einrichtungen wie Nachtcafés, Notübernachtungen oder Suppenküchen. Die bündeln ihre Kräfte: „Wir arbeiten eng zusammen“, sagt Wohlwend. Die verschiedenen Stellen stünden miteinander in Kontakt. Wenn ein Obdachloser Erfrierungen habe, fahre ihn der Kältebus der Stadtmission etwa zum Gesundheitszentrum von Jenny de la Torre, in dem die Wunden kostenlos behandelt werden.

Der Kältebus der Stadtmission ist eine der wichtigsten Hilfen – und zu einer festen Institution geworden: Im 15. Winter fährt er jede Nacht durch Berlins Straßen und bietet Fahrten in Notunterkünfte an. „Wir konnten über die Jahre großes Vertrauen bei den Wohnungslosen aufbauen“, sagt Wohlwend. Aufgrund des harten Winters registriert die Stadtmission in ihrer Notübernachtung bis zu 20 Prozent mehr Hilfesuchende. Insgesamt konnten dieses Jahr allerdings auch 60 neue Plätze in den Einrichtungen der Stadtmission geschaffen werden.

Neu ist dieses Jahr auch eine Telefonaktion: Per SMS könen fünf Euro an die Kältehilfe gespendet werden – keine hohe Summe, aber genug für zwei warme Mahlzeiten. Das Angebot werde gut angenommen, heißt es. Und auch auf anderen Wegen sind die Berliner bereit zu helfen: „Wenn es so kalt ist wie jetzt, fühlen die Menschen mit und geben mehr Geld und Sachspenden als sonst“, sagt Wohlwend.

Das bestätigt auch Rüdiger Kunz vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Zum Glück hätten diesen Winter auch die Medien recht häufig über Obdachlose berichtet: „Wenn nichts geschrieben wird, bleibt das Thema so abstrakt“, sagt er. Nach einem Text im Tagesspiegel vor einigen Wochen etwa seien am nächsten Tag fast 100 Menschen in die Geschäftsstelle gekommen, um Spenden abzugeben: Decken, Schuhe, Schlafsäcke.

Auch das DRK hat in diesem Winter Neues in der Kältehilfe vorzuweisen: einen eigenen Bus – den zweiten in Berlin. „So konnten wir den überdurchschnittlich harten Winter einigermaßen auffangen“, sagt Kunz. Auch er betont die gute Zusammenarbeit der Organisationen. „Alle zwei Stunden rufen wir jede Nacht rund 15 Notunterkünfte aus dem Bus an und erkundigen uns, wo Plätze frei sind“, sagt er. So könne die Hilfe besser koordiniert werden.

Dennoch, sagt Ortrud Wohlwend von der Stadtmission, gebe es noch Dinge, die verbesserungswürdig seien: So sei es insbesondere sehr schwer, ausländischen Obdachlosen zu helfen. Während letzten Winter 40 deutsche Obdachlose in langfristige Wohnprojeke vermittelt werden konnten, gebe es für ausländische keine Rechtsgrundlage dafür. Dabei zählen die Hilfseinrichtungen immer mehr Wohnungslose besonders aus osteuropäischen Ländern, die in Berlin überwintern. Einige Nächte in der Notunterkunft, mehr sei für sie nicht drin – auch bei klirrender Kälte nicht. Patricia Hecht

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