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Die beste Krawatte bleibt zur Weiberfastnacht im Schrank, die alte fällt dem Karnevalsbrauch zum Opfer.

© dpa

Karneval in Berlin: Machen wir’s kurz

Krawatten werden abgeschnitten, Kostüme getragen. Im „Gaffel Haus” treffen sich die Narren der Hauptstadt um die jecken Tage zu beginnen. Mit dabei: Exil-Rheinländer. Die karnevalistischen Mitarbeiter der Bundesministerien arbeiten „fast” normal.

Ein Seeräuber und ein Zorro schlendern die Dorotheenstraße in Mitte entlang. Sie halten Händchen, wechseln die Straßenseite und stellen sich zum Teufelchen in die Schlange.

Klingt schräg? Nicht für die Berliner Karnevalisten und Exil-Rheinländer, die am Donnerstag in der ganzen Stadt „Weiberfastnacht“ gefeiert haben. So auch im „Gaffel Haus“ in Mitte. Weiberfastnacht? Das ist der Tag, an dem Frauen in Teilen des Landes Rathäuser erstürmen, den Männern die Krawatte abschneiden und diese zur Entschädigung „bützen“, also küssen. Im „Gaffel Haus“ trifft sich jedes Jahr das jecke Volk des eher unkarnevalistischen Berlins um die „tollen Tage“ zu feiern. Wieder dabei sind auch Oliver Dudey und Jörg Herrguth – beide Berliner – weil ihnen Karneval „einfach Spaß macht“.

„Unser Publikum ist gemischt, etwa 50 Prozent sind Exil-Rheinländer oder Berliner mit rheinischen Wurzeln, die anderen sind Berliner“, sagt der Chef, Heiko Lockenvitz. „Am Donnerstag laufen rund 400 Menschen durch unsere Tür“, sagt er. Nach 17 Uhr kann es schwierig werden, einen Platz zum Schunkeln zu ergattern: „Wenn die Büros schließen, wird es hier richtig voll.“ Kommen denn die rheinischen Karnevalisten überhaupt zur Arbeit?

Jörg Herrguth
Jörg Herrguth

© Clara Billen

Abgeschnittene Krawatten und normale Arbeitszeiten in Berlin

Beim Bundesgesundheitsministerium an der Friedrichstraße, dessen Hauptsitz in Bonn liegt, scheint es fast wie immer zuzugehen. „Nicht jede Krawatte ist heil geblieben. Dennoch wird in Berlin ganz normal gearbeitet“, so eine Sprecherin des Ministeriums. Ähnlich im Berliner Sitz des Bundesumweltministeriums an der Stresemannstraße: „In Berlin ist alles wie immer. Aber die Bonner Kollegen haben heute spezielle Dienstzeiten“, heißt es von dort. Die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens kommt den närrischen Mitarbeitern auch in Berlin entgegen. Weiberfastnacht wird jedes Jahr mit 1.400 Jecken im eigenen Haus gefeiert. Manche Mitarbeiter scheinen dem Ruf der Heimat trotzdem gefolgt zu sein: „Ein paar sind schon nach Köln gefahren“, sagt die Mitarbeiterin der Landesvertretung, Luise Langgemach.

Oliver Dudey
Oliver Dudey

© Clara Billen

Die, die keine Karte mehr für die ausverkaufte Party in der Landesvertretung bekommen haben, schunkeln dann zum Beispiel ins „Gaffel Haus“. Kommt man gleich von der Arbeit, sollten Teufelshörner und Pappnase aber schon im Aktenkoffer sein. „99 Prozent der Jecken kommen kostümiert. Ohne Verkleidung fühlt man sich einsam“, sagt Chef Heiko Lockenvitz. 40 Fässer Kölsch wurden kalt gestellt. „Im letzten Jahr sind über die Karnevalstage insgesamt 4.000 Liter getrunken worden“, so der Kneipier. Die 15 Kellner, die im Einsatz sind, müssen also kräftig zapfen.

Clara Billen

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