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Berlin: Keine Karte, keine Kippen

Verwirrung am Zigarettenautomaten. Viele Raucher bemerken erst jetzt, dass sie zum Kauf eine neue EC-Karte benötigen

Von Sandra Dassler

„Er funktioniert nicht.“ Saban Vardar im „Florya“-Imbiss in Schöneberg hebt bedauernd die Schultern. „In diesem Jahr hat noch niemand etwas aus diesem Automaten herausbekommen.“ Kein Einzelfall: Berlins Zigarettenautomaten werden derzeit von vielen Rauchern verflucht und müssen manchmal sogar Handgreiflichkeiten über sich ergehen lassen. Dabei sind die rund 9000 Automaten nur in den seltensten Fällen die Ursache, dass Raucher nicht an die begehrten Glimmstengel herankommen.

Eigentlich war bekannt, dass die Automaten spätestens ab dem 1. Januar, 0 Uhr, umgerüstet sein müssen. Nie wieder soll jemand, der jünger als 16 ist, eine Schachtel aus ihnen herausbekommen. Deshalb bittet die Anzeigentafel der umgestellten Automaten, die vorher nur brav Sorten anbot und Geld zählte, nun hartnäckig darum, sich mit der Altersangabe zu identifizieren.

Jetzt erst merken die meisten Raucher, dass sie sich gar nicht identifizieren können: Dazu benötigt man nämlich eine EC-Karte mit Altersangabe. Die ist im goldenen Chip gespeichert – aber leider nur auf neueren Karten. Ist der Chip nicht mit der Alterskennung versehen, heißt es in der Anzeigetafel lapidar: „Fragen Sie bei Ihrem Kreditinstitut nach.“ Doch fast jedes Geldinstitut regelt die Chip-Frage anders: Während die meisten EC-Karten von der Berliner Volksbank die Altersangabe enthalten, gilt das beispielsweise für viele DKB–Kunden nicht.

In einer Zweigstelle der Deutschen Bank wurden gestern Anfragen genervter Raucher von Angestellten entgegengenommen, die offenbar gar nicht wussten, um was es ging. „Wir haben unsere Mitarbeiter bereits im Oktober informiert“, sagte ein Banksprecher dem Tagesspiegel. Bei der Deutschen Bank befinden sich die Alters-Chips nämlich nur auf speziellen Geldkarten, die viele Kunden gar nicht benutzen. Aber jeder könne innerhalb weniger Tage eine solche Karte bekommen.

Die Raucher unter den rund eine Million Kunden der Berliner Sparkasse stellen wohl erst jetzt fest, dass ihre Karten überhaupt keinen Chip enthalten – ein Novum für eine deutsche Großstadt. „Für zehn Euro kann man eine Karte mit Chip bestellen“, sagt eine Sparkassensprecherin: „ansonsten geben wir sie seit Jahren nur an Kunden, die dies ausdrücklich wünschen. Sie wurden nicht genutzt, weil man in Berlin nur wenig damit zahlen kann.“

Dieses Problem ist der Zigaretten-Branche bekannt. In Berlin seien deshalb extra viele Geräte montiert, an denen man sich zusätzlich mit dem EU-Führerschein identifizieren kann, sagt Burkhard Armborst von „Tobaccoland“, dem Marktführer bei Berlins Zigarettenautomaten. Außerdem habe man hier besonders viele Gastwirte mit so genannten Ziggi-Karten ausgestattet. Damit können sie für ihre Gäste Zigaretten ziehen. Wenn auch die Ziggi-Karten nicht funktionieren, hilft nur noch der Anruf beim Automaten-Betreuer. Die haben derzeit rund um die Uhr zu tun, weil es bei der Vielzahl von Umstellungen offenbar auch zu technischen Pannen kam.

Dem Raucher bleibt da nur die Tankstelle oder der gute, alte Tabakladen. Viele Gastronomen haben sich dort ebenfalls mit einem kleinen Vorrat eingedeckt. Manche Kunden – so ihre Erfahrung – können ganz schön sauer werden, wenn sie keine Zigaretten bekommen.

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