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Berlin: Keine Steuern für Jehova

Religionsgemeinschaft will neue Rechte als öffentlich-rechtliche Körperschaft noch nicht nutzen

Die Zeugen Jehovas wollen ihre neu erworbenen Privilegien als Körperschaft des Öffentlichen Rechts (KdÖR) kaum nutzen. „An der Struktur werden wir nichts ändern“, sagte Jehova-Sprecher Walter Köbe gestern auf Anfrage. Nach einem zwölfjährigen Rechtsstreit gegen das Land Berlin hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig, wie berichtet, der Religionsgemeinschaft am Freitag endgültig den Anspruch auf den Status als öffentlich-rechtliche in Berlin zugesprochen. Das Land hatte vor Gericht erfolglos versucht, ihr mangelnde Verfassungstreue nachzuweisen.

Mit dem neuen Status haben die Zeugen Jehovas beispielsweise das Recht, Kirchensteuern von ihren Mitgliedern zu erheben. Nach Darstellung Köbes widerspräche die Wahrnehmung dieses Rechts allerdings dem Bibelverständnis der Religionsgemeinschaft: „So etwas muss aus dem Herzen kommen. Geschieht es nicht freiwillig, dann ist es nach unserem Verständnis nichts wert.“ Weder in der Bevölkerung noch in den Amtsstuben erwartet Köbe einen Prestigegewinn durch den neuen Status: „Durch das Urteil wird sich wenig ändern. Unsere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen war ohnehin schon immer tadellos,“ sagte Köbe. Das viel diskutierte Recht, in den Schulen Religionsunterricht anzubieten, hat mit dem Status als Körperschaft des Öffentlichen Rechts ohnehin nichts zu tun. Dass die Religionsgemeinschaft sich überhaupt auf diesen jahrelangen Rechtstreit eingelassen hat, begründet Köbe mit: „Unsere Religionsausübung wird vereinfacht.“ Das betreffe vor allem Bereiche wie die Seelsorge in Gefängnissen und in Krankenhäusern.

Das Urteil ist nur für Berlin gültig. Ob sich die Zeugen Jehovas, die bundesweit 230 000 Mitglieder zählen, in weiteren Bundesländern für den Status als KdÖR stark machen werden, ist noch offen: „Wir haben in der Hinsicht noch keine Entscheidung getroffen, der Vorstand wird in Kürze beraten“, sagte Köbe. Mit dem Status als kirchenrechtliche Körperschaft des öffentlichen Rechts stehen die Zeugen Jehovas auf derselben Stufe wie beispielsweise die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Gliedkirchen oder die Bistümer der römisch-katholischen Kirche.

Matthias Jekosch

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