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Berlin: Kennedy hat wieder einen Koffer in Berlin

Eine Ausstellung in der Galerie „Camera Work“ zeigt Original-Utensilien und 600 Fotografien des legendären US-Präsidenten

„Passen Sie bloß auf“, sagen die Leute in der Galerie, als sie das gute Stück ganz kurz in fremde Hände geben. Was geht dem, der es dann vorsichtig trägt, nicht alles durch den Kopf: Nur nicht stolpern, nur nicht irgendwo anstoßen, auch wenn die Ecken schon ganz schön abgewetzt aussehen. Du trägst Historie, hinterlässt Fingerabdrücke an der Geschichte!

Und was muss sich der, dem dieser Koffer einst gehörte, abgeschleppt haben! Schon leer ist er so schwer, dass beim Tragen bald der rechte Arm weh tut. Litt der Eigentümer, John F. Kennedy, nicht ohnehin ständig unter Rückenschmerzen, einer Kriegsverletzung? „Drei Millionen ist der Koffer wert“, wissen Mitarbeiter der Fotogalerie „Camera Work“, die gerade die Ausstellung „The Kennedys, Stationen einer Legende“ aufbauen. Sie sehen es mit gemischten Gefühlen, wenn ein Fremder dem braunen Lederkoffer oder der schwarzen Aktentasche nahe kommt. Beide Stücke sind einzigartig, unverkäuflich.

Sie werden, streng gesichert, als Leihgaben von Sammlern und Fotografen in der Ausstellung zu sehen sein, die dem 1963 ermordeten US-Präsidenten gewidmet ist. Rund 600 Fotografien, außerdem Dokumente und Objekte, zum großen Teil noch nie gezeigt, will die Galerie ab Sonnabend an der Kantstraße präsentieren. Leiterin Elke Niemann versucht, dem Menschen und Mythos JFK auf die Spur kommen, der Faszination und den Emotionen, die er, seine Frau Jacqueline (Jackie), die Kinder Caroline und John und auch der später ebenfalls ermordete Bruder Robert überall in der Welt auslösten. Eineinhalb Jahre dauerten die Vorbereitungen, um aus den verschiedensten Quellen so viel zusammenzutragen, dass nun eine der wohl größten Kennedy-Ausstellungen zu sehen ist. So umfangreich, wie Elke Niemann sagt, „mit beinahe musealem Anspruch“, wurden die Fotos noch nie gezeigt.

Allein von ihnen geht eine Faszination aus. Galeriesprecherin Loredana Nemes muss immer wieder auf ein Foto schauen, das Kennedy bei der Vorbereitung einer Wahlkampfrede zeigt, während eine Kinderschar ihm durch ein Fenster zuschaut. Blickfang ist für sie auch ein großes Strandfoto: John Fitzgerald und Jackie ganz entspannt in den Dünen. Es gibt viele Freizeitfotos – im Spiel mit den Kindern, beim Segeln, beim Ballspiel, beim Küssen. An Jacqueline, gebürtige Bouvier, erinnert auch ein schwarzer Pillbox-Hut aus Lammfell von 1963, vom Wind eingebeult. Diese Beule sollte Mode machen. Die Initiatorin der Ausstellung und ihre Mitarbeiter waren noch gar nicht geboren, als Kennedy 1963 Berlin besuchte. Dem Besuch an der Spree, dem Autokorso mit dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt und Bundeskanzler Konrad Adenauer, ist eine Foto- Abteilung gewidmet. Andere zeigen die Studienjahre, die Zeit des Kennenlernens mit Jackie, als Kongressabgeordneter, als Präsidentschaftskandidat, der gegen Richard Nixon erfolgreich war, als Vater und Präsident, der sich mit anderen Größen der Politik traf, etwa mit Sowjetführer Nikita Chruschtschow. Die Fotos zeigen Erfolg und Glamour und die Tragik seines frühen Todes. Fotografiert haben damals unter anderem Edward Clark, Bob Davidoff, Alfred Eisenstaedt, Elliott Erwitt, Robert Frank, Guido Mangold und Ted Spiegel, auch Will McBride und Robert Lebeck, die bei der Ausstellungseröffnung am Freitagabend dabei sein wollen. Auf etlichen Fotos sind auch jene Aktentasche und jener Koffer zu sehen, von denen sich John F. Kennedy Zeit seines Lebens nicht trennen wollte. Er hatte die schwarze Krokodilledertasche schon als Student getragen, sie blieb ihm treu bis zu den Todesschüssen in Dallas. Wie auch der gegerbte Koffer mit den Initialen J.F.K., mit Messingbeschlägen und ausstaffiert mit grünem Samt. Doppeltes Leder an den Ecken, mit Nägeln verankert. Daran, so viel ist sicher, hatte der US-Präsident schwer zu tragen.

John Fitzgerald Kennedy wurde 1961 für die Demokraten mit 43 Jahren der jüngste

Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Berühmt wurde Kennedys Berlin-Besuch am 26. Juni 1963. Vor dem Rathaus Schöneberg rief er die Worte: „Ich bin ein Berliner.“

Die Ausstellung zeigt den Reisekoffer und die Aktentasche Kennedys, vor allem aber 600 Fotos aus seinem Leben. „The Kennedys“, Galerie „Camera Work“ , 19. Juni bis 10. September, Di. bis Fr. 10 bis 18 Uhr, Sa. 10 bis 16 Uhr, Kantstraße 149, Eintritt 5 Euro.C.v.L.

Christian van Lessen

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