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Berlin: Kinder lassen sich nicht kleinkriegen

Wedding. Einmal Bauarbeiter sein.

Wedding. Einmal Bauarbeiter sein. So richtig, mit gelbem Helm und Arbeitshandschuhen - wenn auch in Mini-Ausführung -, welches Kind will das nicht. Im „Labyrinth"-Kindermuseum in der Fabrik Osloer Straße in Wedding ist die „Bewegungsbaustelle" immer gut gefüllt mit kleinen Rackern, die ächzend lange Brettter in die Öffnungen von Kästen zu eigenen Gebilden zusammenfügen. In eine der anderen Spielecken können sie ihren Gleichgewichtssinn auf dem Pedalo oder der Drehscheibe testen, mit dem Gummiball hopsen oder in der oberen Etage Gegenstände ertasten. „Hände, Füße, fertig . . . los", heißt schließlich die 13. Ausstellung im Labyrinth.

Doch möglicherweise wird dies die letzte Ausstellung des Kindermuseums bleiben. „Ende März haben wir einen Brief erhalten, in dem steht, dass das Kindermuseum ab November keine weitere Finanzierung mehr erhalten wird", sagt die „Labyrinth"-Geschäftsführerin Roswitha von der Goltz. Der Grund: Die Haushaltskonsolidierung des Berliner Senats. Dabei geht es um 148 000 Euro pro Jahr, mit denen drei Mitarbeiterstellen sowie die Verwaltungsräume und Betriebskosten im Kindermuseum finanziert werden. Die Summe entspricht etwa einem Viertel des Gesamt-Etats. Den Rest erwirtschaften die Mitarbeiter des Museums über Spenden, Sponsoren, Stiftungen und Fördervereine. Zudem fließt einiges Geld über die Eintrittspreise in die Kasse: drei Euro pro Kind, zwei Euro fünfzig in der Gruppe.

Warum gerade an einem Projekt wie dem Kindermuseum gespart werden soll, kann die Geschäftsführerin nicht verstehen. Nicht nur die rund 100 000 Kinder, die jährlich aus ganz Berlin und der Umgebung ins „Labyrinth" kommen, sprächen für diese Einrichtung. „Learning by doing", sei hier der Grundsatz, erklärt sie. Die Kinder schärften über das Spielen in den verschiedenen Stationen ihre Sinne und lernten, etwas selbst auszuprobieren und zu gestalten.

Zudem liegt der Schwerpunkt auf der „vorbeugenden Gesundheitsförderung". Die Defizite der Kindergarten- und Vorschulkinder seien bekannt: „Bewegungsmangel, Dickleibigkeit, gestörte Entwicklung der Motorik", zählt Frau von der Goltz auf. „Wir tun etwas dagegen, denn auch Lehrer und Erzieher können sich hier Ideen holen, und diese in ihrem eigenen Unterricht umsetzen." In den USA seien Kindermuseen eine Selbstverständlichkeit. Um „in Hinblick auf eine innovative und zeitgemäße Bildungspolitik" ein ähnliches Projekt einzurichten, ist 1997 das Kindermuseum - eine gemeinnützige GmbH, deren einziger Gesellschafter die Fabrik ist - gegründet worden. 2,5 Millionen Mark hat das Land Berlin investiert, um die 1000 Quadratmeter große, ehemalige Montagehalle einer Streichholzmaschinenfabrik instand zu setzen.

In einem Protestbrief an den Jugendsenator Klaus Böger (SPD) hat Frau von der Goltz aufgeschrieben, warum der Senatszuschuss für dieses Projekt weiterhin erhalten bleiben müsse. Zudem hat sie sich an die Fraktionen im Abgeordnetenhaus gewandt. In der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport versucht deren Sprecher Thomas John zu beruhigen: „Wir haben einen Brief, in dem bekannt gegeben wird, dass Mittel gestrichen werden, an alle Projekte geschickt." Fest steht, dass 4,2 Millionen Euro in diesem Ressort eingespart werden müssen. „Welche Jugendprojekte davon wirklich betroffen sind, wird das Parlament entscheiden", ergänzt John. „Wir machen lediglich ein paar Vorschläge." Zu einzelnen Projekten wolle er sich allerdings nicht äußern. Beschlossen sei bislang nur, dass es keine Kürzungen für jene gibt, die sich mit Gewaltprävention befassen. Ob das „Labyrinth“ diesen Anforderungen entspricht? Der Interpretationsspielraum ist groß. Tanja Buntrock

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