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Berlin: Kinderschutz beginnt schon vor der Geburt Der Bundestag schlägt ein 37-Punkte-Programm vor

Berlin hat vieles davon schon umgesetzt

Von Sandra Dassler

Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag ein sogenanntes 37-Punkte-Programm zum besseren Schutz von Kindern. Es beinhaltet aber weder konkrete Maßnahmen noch finanzielle Zuwendungen, sondern lediglich Vorschläge an die Bundesregierung, die Länder und die Kommunen. Berlin hat viele dieser Vorschläge schon umgesetzt, manches ist noch in der Diskussion. Einige Beispiele:

Ganztagsschulen und Betreuung:

Berlin kann de facto jedem Grundschulkind eine Ganztagsbetreuung anbieten, sagt der Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Kenneth Frisse. Damit ist Berlin mit Thüringen und Sachsen bundesweit an der Spitze. Die sogenannten gebundenen Ganztagsschulen, wo Unterricht und Betreuung verbindlich bis 16 Uhr angeboten werden, besuchen in Berlin 19 Prozent der Grundschüler. Der Anteil von Grundschulen, die Schüler bei Bedarf bis 16 Uhr betreuen, liegt sogar bei 98 Prozent.

Soziales Frühwarnsystem: Die Forderung des Bundes, ein soziales Frühwarnsystem für sogenannte Risikofamilien zu entwickeln, ist ein zentraler Punkt im Netzwerk Kinderschutz, das Berlin im Februar 2007 beschloss und seitdem Schritt für Schritt umsetzt. Es beinhaltet unter anderem die Zusammenarbeit von Hebammen, Kinderärzten, Erziehern und Jugendämtern. Die Gesundheitsverwaltung bereitet zurzeit einen Flyer vor, der werdende Mütter über Hilfsangebote informiert und ihnen schon bei der Schwangerenberatung überreicht werden soll.

Früherkennungsuntersuchungen: Landesgesetzliche Regelungen für eine verpflichtende Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen U 1 bis U 9 werden zurzeit von der Gesundheitsverwaltung vorbereitet. Eltern, die auf Einladungen oder Mahnungen nicht reagieren, sollen dann Besuch vom Jugendamt erhalten.

Spezielle Fachabteilungen bei der Polizei: Beim Landeskriminalamt gibt es schon seit 1974 ein spezielles Dezernat für Kindesvernachlässigung und -misshandlung. Das ist bislang einzigartig in Deutschland.

Rechtssicherheit für Kinderärzte: Da Kinderärzte bislang nicht verpflichtet sind, bei Verdacht auf Verwahrlosung das Jugendamt zu informieren, will das Land dies gesetzlich regeln.

Statistik über Kinderschutzfälle: Ist so nicht praktikabel, sagen Experten. Ein Kinderschutzfall ist auch, wenn in einer Familie die Mutter erkrankt und Kinder deshalb versorgt werden müssen. Zentral erfasst werden sollen aber Kindesverwahrlosungen und -misshandlungen. In Berlin werden alle Fälle gemeldet, bei denen die Polizei involviert ist. Außerdem fragt die Senatsverwaltung bei den Jugendämtern mindestens einmal im Jahr die „Hilfen zur Erziehung“ ab. Dabei werden die Fälle von Verwahrlosung gesondert erfasst.

Breite gesellschaftliche Debatte: Immer weniger Berliner schauen weg, immer mehr rufen bei der Hotline Kinderschutz an (Tel: 61 00 66), die es seit Mai 2007 gibt. Kritiker bemängeln, dass die höhere Zahl der bekannt gewordenen Fälle nicht zu mehr Personal in den Jugendämtern führt. Die Helfer dort könnten nur noch reagieren und hätten kaum noch Zeit für präventive Arbeit. Im neuen Jahr wird es pro Bezirk zwei neue Stellen für Kinderschutz in den Jugendämtern geben.

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