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Berlin: Klappbrücke überm Hauptbahnhof

Erst senkrecht in die Höhe bauen und dann kippen:Spektakuläre Montage der HochhausüberdemGlasdachwirdspektakulärmontiert

Täglich kommen schon jetzt Fachbesucher, die diesen einmaligen Bau besichtigen wollen. Staunend zieht etwa die Gruppe japanischer Ingenieure durch den Rohbau des künftigen Hauptbahnhofs, des Lehrter Bahnhofs, gegenüber dem Kanzleramt. So etwas haben sie noch nicht gesehen. Und jetzt steht ein weiterer Höhepunkt bevor: Ab Montag wird am Bahnhof an einer „Klappbrücke“ gebaut, die sich ein einziges Mal senken und dann fest verankert werden wird.

In einer besonderen Bauweise, die es bisher so kaum gegeben hat, werden die beiden so genannten Bügelbauten montiert. Die zwei vierstöckigen Gebäuderiegel, in denen Büros oder ein Hotel unterkommen sollen, werden die Gleise der Stadtbahn U-förmig im schiefen Winkel überspannen. Verbunden sind sie nach neuesten Plänen mit einer Fußgängerbrücke. Zwischen diesen Bügeln entsteht dann dort, wo heute noch eine Lücke im Ost-West-Dach über der Stadtbahn klafft, das Nord-Süd-Dach über der Haupthalle. Auf beiden Seiten der Stadtbahn entstehen dafür jeweils zwei Türme, zwischen denen dann der über den Gleisen liegende Trakt wie eine Brücke eingespannt wird.

Die Betonarbeiten für die Turmkonstruktionen beginnen am kommenden Montag. Die ersten Kräne stehen seit einigen Tagen. Später werden sich bis zu 14 Kräne auf der Baustelle drehen.

Um das Brückenbauwerk auf konventionelle Weise errichten zu können, müsste der Zugverkehr an mindestens sechs Wochenenden zwischen Zoo und Friedrichstraße komplett gesperrt werden – für den Fern-, den Regional- und den S-Bahn-Verkehr. Eine Montage über den Gleisen bei laufendem Betrieb lassen die Sicherheitsvorschriften nicht zu. Deshalb baut man die Brücke auf den insgesamt vier Türmen erst einmal in die Höhe. Der künftige Fußboden steht dann senkrecht auf den Turmbauten, und rechtwinklig dazu entstehen die vier Geschosse, die so zur Seite wachsen. Insgesamt wird der Riegel später einmal 87 Meter lang werden. In die Höhe gebaut wird jeweils die Hälfte des künftigen Bauwerks. Zusammen mit den Turmbauten ragen diese Stahlkonstruktionen dann rund 70 Meter hoch in den Himmel.

Sind sie fertig montiert, kommt der große Coup. Jeweils zwei der Brückenkonstruktionen werden gekippt und senken sich dann wie eine Klappbrücke um 90 Grad, bis sie ihre künftige Lage über den Gleisen erreichen. Gehalten werden sie dabei von Stahlseilen, die bei Bedarf ausgewechselt werden können. Nur eine zehn Zentimeter lange Lücke zwischen beiden Hälften bleibt dann noch. So will man verhindern, dass sich die je 1200 Tonnen schweren Kolosse beim Klappen verhaken. Sind sie auf einer Ebene, werden sie hydraulisch zusammengeschoben, so dass sich auch die letzte Lücke schließt. Dann kann das Bauwerk zusammengeschweißt werden.

Statt sechs Sperrpausen an den Wochenenden benötigt man so nur drei. Vorgesehen sind sie Ende Juli bis Mitte August. In jeder Sperrpause werden jeweils die Hälften eines Bügels gekippt, einen weiteren Termin gibt es zur Sicherheit, falls es dabei Probleme geben sollte. Doch Projektleiter Hany Azer ist überzeugt, dass die Bauleute zum dritten Termin schon mit weiteren Arbeiten beginnen können. Seit er die Baustelle im Jahr 2001 übernommen hat, geht es dort voran. Vorher war die Planung aus den Fugen geraten. Die Kosten waren gewaltig gestiegen, der Fertigstellungstermin immer wieder verschoben worden. Begonnen hatten die Arbeiten 1995. Der gesamte Bahnhofsbau wird wohl weit mehr als 500 Millionen Euro kosten.

Der Innenausbau der Bügelbauten soll Ende 2006/Anfang 2007 beendet sein. Wer dann einzieht, ist nicht entschieden. Die Bahn hat bisher keine Mieter. Daran können auch die Bauleute mit ihrem spektakulären Projekt nichts ändern.

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