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Klaus Wowereit am heutigen Freitag vor dem Untersuchungsausschuss Staatsoper.

© dpa

Update

Untersuchungsausschuss Staatsoper: Klaus Wowereit weist Schuld von sich

Es ist eines der vielen Ärgernisse: das Kostenfiasko der Staatsoper. Klaus Wowereit und André Schmitz waren heute Zeugen im Untersuchungsausschuss.

In die Oper geht Klaus Wowereit (SPD) schon noch gerne, „demnächst zu la traviata“, sagt er. Die gibt es nächsten Sonnabend im Schillertheater unter Leitung von Daniel Barenboim. Wäre es mit rechten Dingen zugegangen, dann würde das Stück in der der Staatsoper Unter den Linden uraufgeführt. Aber dort steht bisher nur Berlins neben dem BER zweite ewige Baustelle.

Konzentriert ist er, von Bissigkeit und Hohn keine Spur

Und weil die Verantwortung dafür in der Zeit des Regierenden Bürgermeisters Wowereit gesucht wird, war der Privatier Hauptdarsteller im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der Affäre. Vorweg gesagt, Wowereit legte einen konzentrierter Auftritt hin, von Bissigkeit und Höhne, die er in seiner Amtszeit gerne mal aufblitzen ließ, keine Spur. Und natürlich trägt nicht er Verantwortlich für die Explosion der Kosten von rund 230 auf bisher geschätzte 400 Millionen Euro – sondern die Umstände. Die Pannen bei den Bauabläufen, „kriegt man so mitgeteilt, da kann man auch nichts machen", sagte Wowereit. Die Bauleute finden Pfähle im Untergrund, eine Firma geht insolvent – „das muss man dann so hinnehmen“, meint er.

Ein Wunschkonzert, so gar nicht vereinbar mit dem Budget

Die Opposition mühte sich redlich anhand von Protokollnotizen, Mails und Vermerken zu belegen, dass der Regierende sehr wohl an Strippen zog, die in die Katastrophe führten. Als Kultursenator war Wowereit schließlich ein Mann unter Einfluss von Starintendant Daniel Barenboim. Und dessen Wunschkonzert war so gar nicht vereinbar mit dem Budget für die Sanierung. Damit der Klang länger nachhallt, wurde die Decke angehoben. Damit die Kulissen verschoben werden können, ein unterirdisches Bauwerk angelegt. Das alles musste mit einer denkmalgerechten Sanierung in Einklang gebracht werden. Ding der Unmöglichkeit, wie man heute weiß, damals aber nicht absehbar – sagt Wowereit.

Decken anheben, ein Bauwerk unter der Erde - kein Problem

Der inszenierte sich jedenfalls geschickt als Sparkommissar. Deckenanhebung und unterirdisches Bauwerk? Damals „nicht als so komplex und kostensteigernd betrachtet“! Vier Millionen Euro für die Anhebung der Decke und Verbesserung der Sichtachsen – „das war zu vertreten“. Im Übrigen seien Sonderwünsche immer durch Kürzungen an anderer Stelle „kompensiert“ worden.

Wowereit soll nach Angaben früherer Zeugen wie Opernchef Daniel Barenboim deshalb persönlich die Abtrennung eines Teils des Magazingebäudes beschlossen haben. Begründet habe er das mit den nicht vermittelbaren Sanierungskosten in Höhe von 300 Millionen Euro.

"Gespart, wo es nicht sinnvoll ist"

Durch die Abtrennung erwartete er Einsparungen in Höhe von 50 Millionen Euro. Doch diese traten nicht ein - und die Abtrennung erschwerte die Arbeiten. "Das Blöde ist, wenn ein Kostendeckel da ist, wird gespart, wo es vielleicht nicht sinnvoll ist", rechtfertigte Wowereit seine Entscheidung. Dies sei aber "nicht die einsame Entscheidungen des Regierenden Bürgermeisters", so Wowereit. In letzter Konsequenz müsse aber "der Behördenleiter" dafür gerade stehen.

Immer auf der Suche nach Kompensationen

Genau das sagt auch sein damaliger Staatssekretär André Schmitz und berichtet von etlichen „Runden" unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Bauen, in denen sogar über die Erhaltung alter Garderobenschränken sinniert wurde, damit das Budget nicht überschritten wird.

Ständige neue, ständig geänderte Pläne

Dass die ständigen Ergänzungen und Änderungen der Pläne das eigentliche Übel sind, wie jeder Bauexperte weiß, davon kein Wort. Bei der Staatsoper ging das Experimentieren am Bau gar so weit, dass die Arbeiten begannen, ohne dass das Projekt durchgeplant war. Barenboim wollte rasch wieder vom Schillertheater in West-Berlin zurück Unter den Linden, deshalb sollte alles schnell gehen. Wowereit räumt ein, dass dazu deshalb in Etappen geplant und gebaut wurde, auf seinen Vorschlag hin. Aber diesen hätten Experten der Bauverwaltung geprüft und keine Einwände vorgetragen. Von Anweisungen seinerseits will er nichts wissen – ohnehin habe er den Beamten der Bauverwaltung gegenüber kein Weisungsrecht.

"... der Wowereit ist daran schuld"

Und die Bedenken von Experten auch aus Bundesministerien, warum ignorierte er diese? "Am Ende habe ich nicht gehört, dass es unmöglich ist", sagte der frühere Regierende. Sicherlich könnten  "alle sagen, der Wowereit ist daran schuld". Aber es sei nun mal seine Aufgabe gewesen, auf Lösungsmöglichkeiten zu drängen" Das sei sein Ansinnen seinerzeit gewesen. Im Übrigen glaube er nicht, dass "es damit zusammen hängt, was an späteren Kostensteigerungen zusammen kommt".

Schuld daran ist der Diensteifer der Beamten - und der Bund

Deren Schuld, wenn die Unfug aus falsch verstandenem Diensteifer zulassen, könnte man auch sagen. Naja und auch die Schuld des Bundes, der die bessere Akustik dafür verlangte, dass er seinen Beitrag von 50 auf 200 Millionen Euro erhöhte. Zumal das Extrageld ohne Barenboims Einflussnahme nicht geflossen wäre, sagt Wowereit.

Die Kanzlerin wollte die Oper nicht haben

Ein Trostpflaster war es auch für die Weigerung, die Oper ganz zu übernehmen: Das „wollte die Kanzlerin so nicht“, sagt Wowereit.

Opposition spricht vom "System Wowereit"

Der steht für die Grünen-Fraktion damit im „krassen Gegensatz zu den Aussagen fast aller früheren Zeugen dar, die von politischen Vorgaben und Entscheidungen auf höchster Ebene berichtet haben“. Und die Piraten sprechen von einem „System Wowereit“, das „wichtige Entscheidungen ohne schriftliche Grundlage als Weisungen nach unten weitergereicht wurden“.

Seit genau einem Jahr ist Michael Müller der Nachfolger von Klaus Wowereit. Eine Bilanz lesen Sie unserem Kommentar unter diesem Tagesspiegel-Link.

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