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Grenzturm ohne Grenze. Nur dieser Bau ist von den alten Sperranlagen übrig.

© Klaer

Kommandantenturm in Dreilinden: Kleinmachnow will ehemaligen DDR-Checkpoint kaufen

Die Gemeinde verhandelt mit einem Gewerbepark über den Kauf des Kommandantenturms in Dreilinden. Wie viel das Ganze kosten soll, wurde bisher noch nicht verraten.

Wie zur Mahnung ragt der einstige DDR-Kommandantenturm in Kleinmachnow in den Himmel. Vor den Augen der Grenzsoldaten erstreckte sich hier einst die größte deutsch-deutsche Grenzübergangsstelle zwischen West-Berlin und der früheren DDR. Die Sicht auf Panzersperren, Maschendrahtzaun, Stacheldraht und Kontrollstellen von ganz oben, aus den Fenstern des alten Turms am „Checkpoint Bravo“, hätte für sie nicht besser sein können. Mit Röntgengeräten suchten die Grenzer nach versteckten Flüchtlingen. Und wurden sie fündig, konnten sie vom Turm aus per Knopfdruck Sperren ausfahren lassen. Doch das ist alles Geschichte, geblieben ist nur der Turm.

Europarc Dreilinden will Kommandantenturm verkaufen

Die alte Grenzstelle hingegen ist verschwunden. Dafür hat sich inzwischen der Damm einer Brücke vor den Ausblick vom Kommandantenturm geschoben. Auch sonst stößt ein umherschweifender Blick im Kleinmachnower Europarc auf fast nichts mehr, was noch an die frühere Teilung erinnert. Deshalb wird nun im Ort darüber diskutiert, wie man den Kommandantenturm am Rande des Gewerbeparks als eines der letzten Relikte der vergangenen Zeit als Denkmal langfristig sichern kann. Der Gemeinde liegt ein Angebot des Inhabers, der Europarc Dreilinden GmbH, vor, der den Turm am Albert-Einstein-Ring im Ortsteil Dreilinden verkaufen will. Das bestätigte Bürgermeister Michael Grubert (SPD) auf Anfrage. In der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses wurde bereits hinter verschlossenen Türen über das Angebot verhandelt, noch seien aber nicht alle Details geklärt, die Entscheidung wurde verschoben. Mit einem Ergebnis sei erst im Juni zu rechnen, hieß es aus dem Rathaus. Wie hoch der Kaufpreis für den Turm sein soll, wird noch verschwiegen und verhandelt.

Bereits seit 1998 sind die Mitglieder des Vereins „Checkpoint Bravo“ darum bemüht, die Erinnerungen an die Grenzübergangsstelle wachzuhalten und den Wachturm vor dem Verfall zu bewahren. Vereinschef Peter Boeger machte sich gegenüber dem Tagesspiegel für den Erwerb des denkmalgeschützten Turms durch die Gemeinde stark. Nur so könne man das Engagement der Vereinsmitglieder und die Aufarbeitung der Zeitgeschichte langfristig sichern. Bislang hat der Verein den Turm vom Europarc lediglich für 25 Jahre gepachtet. „Schon das Objekt selbst erzählt eine große Geschichte“, sagt Boeger. Die Grenzkontrollstelle Drewitz entstand 1969, sie löste eine kleinere Anlage an der zuvor nördlich verlaufenden Autobahn ab. 1993 wurde sie abgerissen, übrig blieb nur der Kommandantenturm. Der Verein restaurierte in den Jahren 2005 bis 2007 die Turmruine mit Unterstützung vieler privater Förderer, der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Gemeinde. Am 3. Oktober 2009 wurde eine Dauerausstellung eröffnet.

Kleinmachnow als Ort jüngster deutscher Geschichte

Die Ausstellung vor und im Kommandantenturm schildert Ereignisse und Lebenswege, die mit dem Ort verbunden sind. Sie berichten von den Todesschüssen an der Grenze, von der Arbeit der Grenzer und von geglückten und missglückten Fluchtversuchen. Zu den spektakulärsten gehört die gescheiterte Flucht im hohlen Bauch einer ausgestopften Kuh – alles nachzuvollziehen auf den Schautafeln am Turm.

Am Sonntag hat der Verein die diesjährige Ausstellungssaison eröffnet. Zu sehen ist die Ausstellung „Wir wollen freie Menschen sein! Der DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953“. Der Turm ist nun wieder jeden Sonntag ab 11 Uhr geöffnet. Zu kaufen gibt es auch wieder den im Vorjahr ausverkauften Ausstellungskatalog. Auf neuen Bänken sollen Wanderer und Radfahrer zudem eine Pause einlegen können, sagt Boeger. Langfristig soll der Geschichtspfad erweitert werden, der den Berliner Mauerradweg, den Kommandantenturm und das nahe gelegene sogenannte Panzerdenkmal verbindet.

Das Panzerdenkmal hat die Gemeinde bereits erworben und den Sockel wie auch die darauf thronende rosafarbene Schneefräse sanieren lassen. Beide Denkmale sind aus Sicht von Peter Boeger unbequem, selten und gerade deshalb erhaltenswert. Auf spielerische Art und Weise könne man an ihnen in Kleinmachnow die jüngste deutsche Geschichte erzählen. Das sei wichtig, denn die Erinnerungen an die deutsch-deutsche Teilung werden rar. Beim Blick vom Kommandantenturm scheint es schon heute unvorstellbar, dass sich hier einst die Westautos dicht an dicht durch die Grenzstelle quälten.

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