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Berlin: Koalition in Berlin: Keine Schulden mehr - ein Wunschtraum

Das Prinzip ist einfach: Wenn die Ausgaben nicht durch Einnahmen gedeckt sind, muss man Schulden machen. Und wer sich ständig neues Geld leiht, ist irgendwann überschuldet und nicht mehr kreditfähig.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Prinzip ist einfach: Wenn die Ausgaben nicht durch Einnahmen gedeckt sind, muss man Schulden machen. Und wer sich ständig neues Geld leiht, ist irgendwann überschuldet und nicht mehr kreditfähig. Das Grundgesetz hat dem Bund und den Ländern eine Grenze gezogen, damit der Staat nicht in eine hoffnungslose Schuldenlage gerät: Die Einnahmen aus Krediten dürfen die öffentlichen Investitionsausgaben nicht überschreiten. Dem geliehenen Geld soll ein dauerhafter Wert gegenüberstehen.

Ausnahmen von dieser verfassungsrechtlichen Regel sind nur "zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erlaubt. Ob die gewaltige finanzielle Belastung, die aus dem Zusammenwachsen von Ost- und West-Berlin resultiert, beliebig hohe Schulden rechtfertigt, sei dahingestellt. Das ist Rechtstheorie. In der politischen Praxis hat der Senat seit 1990 die Neuverschuldung mehrfach höher getrieben als die Summe der staatlichen Investitionen. Grüne und PDS drohten, dagegen zu klagen. Sie taten es bis heute nicht. Grafik: Nettokreditaufnahme 1990-2001 Stattdessen wurden Schulden über Schulden angehäuft. Am Jahresende werden es fast 80 Milliarden Mark sein. Dafür muss das Land Berlin jeden Tag 12 Millionen Mark Zinsen zahlen. Der Landesrechnungshof sagte schon Anfang der 90-er Jahre eine explodierende Staatsverschuldung in Berlin voraus und forderte einen harten Sparkurs. "Sich verringernde Bundeshilfe und noch nicht in dem Maß steigende Steuereinnahmen zwingen zu einer Ausgabenbegrenzung bisher unbekannten Ausmaßes". Mit der Sanierung des Landeshaushalts wurde aber erst 1995/96 begonnen. Bis dahin hatten sich fast 50 Milliarden Mark Schulden angesammelt, die Zinsfalle klappte zu.

Inzwischen müssen vier Milliarden Mark pro Jahr allein für Kreditzinsen ausgegeben werden. Also jede zehnte Mark im Berliner Etat. Überhöhte Ausgabenlasten der öffentlichen Hand, Steuerausfälle wegen der miserablen Wirtschaftslage, die fehlende Bereitschaft des Bundes, hauptstadt- und teilungsbedingte Kosten auszugleichen, ließen die Finanzierungslücke im Etat auf 10 Milliarden Mark (2002) anwachsen. Ein kleiner Teil kann durch Kürzungen der Personal- und Sachausgaben ausgeglichen werden: In den Ampel-Koalitionsgesprächen schälte sich eine realistische Sparsumme von drei Milliarden Mark bis 2006 heraus.

Vermögensverkäufe helfen zusätzlich, die Nettokreditaufnahme (neue Kredite abzüglich Tilgung) abzusenken. Auf voraussichtlich 5 bis 6 Milliarden Mark pro Jahr bis zum Ende der Wahleriode, solange der Bund nicht mit Sanierungszuschüssen einspringt. In der Finanzplanung bis 2004 war für das Haushaltsjahr 2002 eine Neuverschuldung von knapp 3,5 Milliarden Mark vorgesehen. Das ist jetzt Makulatur. Wer auch immer das Land Berlin künftig regiert, muss den Kreditrahmen sehr viel höher schrauben, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Nach 2009 sollten keine weiteren Kredite mehr aufgenommen und mit dem Schuldenabbau begonnen werden, beschloss noch die Große Koalition. Ein unerfüllbarer Wunschtraum.

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