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Berlin: Koalitionsverhandlungen: Durchbruch bei Ampelgesprächen

SPD, FDP und Grüne wollen bis zum Ende der Wahlperiode zwei Milliarden Mark Personalkosten im öffentlichen Dienst einsparen. Dies sei "eine schwierige Aufgabe", gab der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit am Dienstagabend zu, nachdem sich die künftigen Regierungspartner auf einen Kompromiss verständigt hatten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

SPD, FDP und Grüne wollen bis zum Ende der Wahlperiode zwei Milliarden Mark Personalkosten im öffentlichen Dienst einsparen. Dies sei "eine schwierige Aufgabe", gab der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit am Dienstagabend zu, nachdem sich die künftigen Regierungspartner auf einen Kompromiss verständigt hatten. Die Einsparung von einer Milliarde Mark ist bereits durch die Streichung von etwa 15 000 Stellen bis 2006 konkret geplant. Die andere Hälfte der Einsparsumme soll durch einen Solidarpakt mit den Gewerkschaften ermöglicht werden.

Ausgehandelt werden sollen der Verzicht auf das 13. Monatsgehalt und auf einen Teil künftiger Tariferhöhungen, außerdem Altersteilzeitregelungen "und andere Instrumente der Arbeitszeitverkürzung". Der Wegfall des Weihnachtsgeldes soll auch für Senats- und Bezirksamtsmitglieder sowie für Staatssekretäre gelten. Angestrebt werde auch der Verzicht der Berliner Abgeordneten auf Diätenerhöhungen, teilten die drei Parteien gestern mit.

Im Gegenzug wird den Gewerkschaften angeboten: Keine Verlängerung der Arbeitszeit für Lehrer, ein Einstellungskorridor im öffentlichen Dienst, Fortführung der Verwaltungsreform "unter Beteiligung der Beschäftigten und der Gewerkschaften" und eine Verlängerung der geltenden Beschäftigungssicherungs-Vereinbarung über 2004 hinaus. Das heißt, es soll auf betriebsbedingte Kündigungen auch auf mittlere Sicht verzichtet werden.

Gleichzeitig verpflichten sich die Koalitionspartner in spe, ab dem Schuljahr 2001/2002 pädagogische Verbesserungen "im Wert von 820" Stellen durchzuführen. Davon sollen die Ganztagsschule, die verlässliche Halbtagsschule sowie die Integration von Kindern nicht-deutscher Herkunftssprache und von behinderten Kindern und Schülern aus sozialen Brennpunkten der Stadt betroffen sein.

Der nunmehr ausgehandelte Kompromiss zur radikalen Absenkung der staatlichen Personalausgaben kam vor allem auf Druck der FDP zustande. Die Unterhändler der Grünen waren zunächst nicht bereit, die anvisierte Sparsumme um eine weitere Milliarde Mark zu erweitern, weil diese vom neuen Senat erst mit den Gewerkschaften ausgehandelt werden muss.

Außerdem waren die Grünen verärgert, weil die Liberalen nicht bereit waren, auf "Prestigeprojekte" - wie eine Olympiabewerbung - zu verzichten. Stattdessen ließ sich der FDP-Landeschef Günter Rexrodt darauf ein, die Gewerbesteuer in dieser Wahlperiode nicht abzusenken. Dies war im Wahlkampf eine wichtige Forderung der Freien Demokraten. Letztlich sprach die Grünen-Landessprecherin Regina Michalik von einem "tragbaren Zwischenergebnis".

Sollte es nicht möglich sein, mit den Gewerkschaften eine Vereinbarung abzuschließen, müsse die Arbeitgeberseite "andere Maßnahmen ergreifen", kündigte Wowereit an. Er sei bereit, nach der Senatswahl am 13. Dezember unverzüglich Gespräche aufzunehmen und zügig abzuschließen.

Die Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen hatte sich im Tagesspiegel-Interview von den Personal-Sparabsichten der Ampel-Parteien weitgehend distanziert. Rexrodt betonte erneut, dass an "tiefgreifenden Einschnitten" im öffentlichen Dienst kein Weg vorbei führe und SPD-Landeschef Peter Strieder appellierte eindringlich an die Verhandlungsbereitschaft der Arbeitnehmer: Die Personalkosten müssten auf 13 Milliarden Mark gesenkt werden. "14 Milliarden Mark können wir uns einfach nicht leisten, weil die Einnahmen des Landes Berlin so gering sind".

Angesichts der Finanznotlage Berlins kündigten Sozialdemokraten, Liberale und Grüne gestern außerdem an, mit dem Bund Verhandlungen über einen Berlin-Pakt führen zu wollen, "der zu deutlichen finanziellen Entlastungen für den Landeshaushalt führen soll". Sollten diese Verhandlungen scheitern, behalte sich der Senat vor zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegeben seien. Auf diesem Weg haben bereits Bremen und das Saarland umfangreiche Sanierungshilfen des Bundes eingeklagt. Bisher hatte die Bundesregierung keine Verhandlungsbereitschaft erkennen lassen.

Die Koalitionsverhandlungen werden heute in "großer Runde" fortgesetzt. Nachdem sich die drei Parteien in der Innen- und Justizpolitik abschließend geeinigt haben, soll nun versucht werden, sich in den Bereichen Bildung, Jugend, Sport sowie Arbeit und Soziales zu verständigen. Ob die Koalitionsvereinbarung bis zum Wochenende ausgehandelt werden kann, blieb gestern offen.

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