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Berlin: Konkurrenz für die Telekom: Jetzt kommen die Blauen

Was seit Jahren von verschiedenen Firmen angekündigt wurde, ist Realität. Ganz ohne Werbekampagne haben sich zu den magenta-grauen Telefonzellen der Telekom in den letzten Tagen blaue öffentliche Fernsprecher gesellt.

Was seit Jahren von verschiedenen Firmen angekündigt wurde, ist Realität. Ganz ohne Werbekampagne haben sich zu den magenta-grauen Telefonzellen der Telekom in den letzten Tagen blaue öffentliche Fernsprecher gesellt. Das Bonner Unternehmen Teleruf hat Apparate in Tempelhof, Spandau, Steglitz, Wedding, Lichtenberg und Kreuzberg aufgestellt.

In den kommenden Tagen werden auch an der Hardenbergstraße in Charlottenburg zwei Geräte unter einem runden, durchsichtigen Plastikdach installiert. Insgesamt betreibt Teleruf dann in Berlin über 20 Münzfernsprecher mit je zwei gegenüberliegenden Hörern auf öffentlichem Straßenland. Und es sollen mehr werden. Noch läuft das Geschäft eher schlecht. "Wir sind hier erst am Anfang", sagt Stefan Ummenhofer, der für Teleruf den Berliner Markt ausbaut, "der Winter ist immer eine harte Zeit." In Köln, Bonn, Wuppertal und Stuttgart, wo bereits rund 500 blaue Zellen stehen, habe man gute Erfahrungen gemacht.

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Teleruf nutzt das Netz der Telekom und bezahlt dafür wie ein privater Telefonnutzer 24,90 Grundgebühren im Monat je Anschluss. Allerdings kostet so ein überdachtes Gerät mit zwei Hörern und allem Drum und Dran etwa 20 000 Mark, hinzu kommen Wartungskosten und Standgebühren. Um Gewinn zu machen, müssen mindestens 60 Leute pro Tag und Standort telefonieren. "Soweit sind wir in Berlin noch nicht", meint Ummenhofer. Die Konkurrenz der Mobiltelefone schreckt ihn nicht, weil man einen großen Teil des Umsatzes mit Verbindungen zu Handys mache. Teleruf setzt auf sein vergleichsweise günstiges Angebot: Für einen Groschen kann man regengeschützt 30 Sekunden lang telefonieren - bundesweit. Die Telekom nimmt für bundesweite Gespräche mit dem Minimum von 20 Pfennigen das Doppelte. Ob die Rechnung - bundesweite Gespräche zum Citytarif - aufgeht, ist offen.

In der Kreuzberger Bergmannstraße übertrifft die Telefonzellendichte bei weitem das Soll: Alle drei Kilometer, so die amtliche Vorgabe, muss ein öffentlicher Fernsprecher stehen. In der Bergmannstraße buhlen jetzt auf dem kurzen Abschnitt zwischen Mehringdamm und Zossener Straße vier Apparate um Kundschaft. Vielen Passanten sind die neuen "Blauen" zwar aufgefallen, benutzt haben sie sie aber noch nicht. "Schön, dass es zurück zum alten Münztelefon geht", meint einer - reine Nostalgie, denn er halte sich ohnehin immer an sein Handy, "aus Faulheit."

Derweil baut die Telekom weiter öffentliche Fernsprecher ab. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Geräte in Berlin von 8500 auf 6500 gesunken. Anders als Teleruf ist die Telekom jedoch laut Versorgungsauftrag verpflichtet, auch unrentable Fernsprecher, die in manchen Fällen gerade mal zehn Mark im Monat einbringen, zu unterhalten, wenn sonst kein öffentlicher Apparat in der Nähe ist. Seit 1999 verlangt der Senat 100 Mark "Miete" im Monat für jedes öffentliche Telefon. Die Telekom zahlt einen geringeren Pauschalbetrag für bestehende Häuschen. "Für einen lukrativen Standort muss ein mieser Standort gehalten werden", sagt Petra Reetz von der Senatsbauverwaltung, "das ist der Deal."

"Das Geschäft mit den Zellen ist insgesamt nicht Gewinn bringend", bestätigt Telekom-Sprecher Will: Eine früher genannte Zahl von bundesweit jährlich 100 Millionen Mark Minus will er aber weder bestätigen noch dementieren. Weiteren Zellen-Abbau schließt der Telekom-Sprecher nicht aus. 350 bis 750 Mark koste die Wartung eines Apparats. Da müssten schon rund 1000 Mark monatlich reinkommen, damit sich ein Gerät rentiert.

Wenn es nach den zwei Kreuzberger Stadtplanern geht, die auf der Bergmannstraße flanieren, sollten die blauen Zellen schnell wieder verschwinden. "Die verschandeln die Straße", meinen sie. Ihnen missfällt "die zunehmende Möblierung der Stadt". Die Häufung von Zellen sei überflüssig und beraube die Öffentlichkeit ihrer Geh- und Stehfläche: "Die Privatisierung des öffentlichen Raums gefällt uns nicht."

Katharina Körting

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