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Berlin: Kontrolle für die Kontrolleure

Die privaten Schwarzfahrer-Jäger der BVG sind wegen teilweise rüder Methoden ins Gerede gekommen. Manch einer hält sie für entbehrlich bis schädlich / Pro & Contra

Die BVG will weiterhin Fahrscheine ihrer Kunden auch von Mitarbeitern privater Firmen kontrollieren lassen, denen die BVG dafür feste Vorgaben gibt. Sie müssen eine bestimmte Zahl von Schwarzfahrern ermitteln. In diesem Jahr sind es 500000; im nächsten sollen es 750000 werden. Dies sei im Interesse ehrlicher Fahrgäste, sagt BVG-Chef Andreas Graf von Arnim. Vor allem den privaten Kontrolleuren war zuletzt ein oft rüdes Auftreten vorgeworfen worden.

Durch den Einsatz der privaten Kontrolleure konnte die Zahl der ertappten Schwarzfahrer erhöht werden. Auch die Einnahmen stiegen durch das von den „Sündern“ erhobene „erhöhte Beförderungsentgelt“. Dazu ist die BVG von ihrem Aufsichtsrat auch aufgefordert worden. Vorbild war die S-Bahn, die seit langem ihre Fahrgäste von Mitarbeitern fremder Firmen kontrollieren lässt. 270 eigene Kontrolleure setzt die BVG noch ein, die Privaten sind mit 180 „Kontrollettis“ unterwegs, die jedoch erheblich mehr „Feststellungen“ machen. Sie müssen nach den BVG-Vorgaben im Jahr 500000 Schwarzfahrer ertappen; diese Zahl soll auf 750000 steigen.

Solche Vorgaben sind in Stuttgart zum Beispiel unbekannt. „Unser Ziel ist es nicht, möglichst viele Schwarzfahrer zu erwischen“, sagt der Sprecher der Stuttgarter Straßenbahn, Hans-Joachim Knupfer. Kontrollen, ausschließlich mit eigenen Mitarbeitern, sollten den Fahrgästen vor allem zeigen, dass es riskant sei, „schwarz“ zu fahren. Zudem hätten die meisten ertappten Sünder ohnehin nur ihre Monatskarte vergessen. Und gerade Stammfahrgäste wolle man als Kunden behalten und nicht durch ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von 40 Euro vergraulen. Gewiefte Schwarzfahrer gingen den Kontrolleuren ohnehin meist durch die Lappen.

Auch ein BVG-Experte schätzt, dass etwa die Hälfte aller festgestellten Schwarzfahrer zu den „Graufahrern“ gehöre, die ihre Monatskarte vergessen, nicht den richtigen Fahrschein gekauft oder schlicht versäumt haben, diesen nach dem Kauf zu stempeln. Dabei macht es die BVG den Unkundigen auch besonders schwer. Fahrscheine, die im Bus vom Fahrer gekauft werden, sind bereits entwertet, Tickets aus Automaten müssen dagegen extra gestempelt werden. Christfried Tschepe vom Fahrgastverband IGEB fordert deshalb, nur BVG-Mitarbeiter zur Kontrolle einzusetzen, weil diese kulanter sein könnten. Von Arnim dagegen sagt, die Außendienstmitarbeiter hätten nur einen ganz engen und begrenzten Ermessensspielraum. Kulanzanträge würden in der Regel vom Innendienst bearbeitet.

Vor wenigen Jahren wollte die BVG noch einen anderen Weg gehen. Der Sicherheits- und Kontrollbereich sollte auf 1200 – eigene – Mitarbeiter aufgestockt werden. Dieses Programm wurde aber gestoppt. Heute hat das Unternehmen das Problem, dass es in der Verwaltung zu viele Mitarbeiter beschäftigt, für den Kontrolldienst aber angeblich keine eigenen Mitarbeiter findet. Dem widerspricht der Personalrat. Bei Umsetzungen habe man nur ein Mitspracherecht gefordert, sagt Uwe Nitzgen, der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats. Dies habe der Vorstand abgelehnt. Deshalb trage man Umsetzungen nicht mit.

Auf eigenes Personal bei den Kontrollen setzten unter anderem auch Leipzig und Hamburg. „Wir wollten von Anfang an gar keine Konflikte zwischen Fahrgästen und privaten Kontrolleuren aufkommen lassen“, sagt der Sprecher der Hamburger Hochbahn, Wolfgang Ivens. BVG-Chef von Arnim sieht dagegen bei privaten Unternehmen einen weiteren Vorteil. Während Verkehrsbetriebe meist Personal einsetze, das vorher andere Aufgaben hatte, könnten die Privaten gezielt Mitarbeiter für diese Funktion suchen.

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