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Berlin: Konzern Berlin schreibt schwarze Zahlen

Die Jahresabschlüsse der Landesunternehmen haben sich seit 2002 um 2,1 Milliarden Euro verbessert Für die Bankgesellschaft will Finanzsenator Sarrazin mindestens drei Milliarden Euro haben

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Der Konzern Berlin könnte an die Börse gehen“, sagte Finanzsenator Thilo Sarrazin gestern. Die Landesunternehmen hätten 2005 einen Gesamtgewinn von 721 Millionen Euro gemacht. 2002 waren es noch 1,4 Milliarden Euro Verluste. Diese Entwicklung sei „absolut DAX-verdächtig.“ Das Zugpferd der öffentlichen Beteiligungen ist die Bankgesellschaft, ehemals ein Symbol für Filz, Korruption und wirtschaftliche Inkompetenz. Im vergangenen Jahr schloss der Konzern mit einem Plus von 293 Millionen Euro ab. Unter drei Milliarden Euro, das entspricht dem Eigenkapital, will Sarrazin die Bankgesellschaft auf keinen Fall verkaufen.

Zu den kerngesunden Landesunternehmen gehören auch die Wasserbetriebe, die 46,8 Millionen Euro Gewinne einfuhren. Und die Flughafengesellschaft mit einem Jahresergebnis von 24,4 Millionen Euro. Die Wasserbetriebe haben davon profitiert, dass sie unpassende Beteiligungen ( „Schwarze Pumpe“, Berlikom usw.) verkauften und sich auf wassernahe Dienstleistungen konzentrieren. Den Flughäfen kommt die dramatisch steigende Zahl der Fluggäste zugute. 2005 wurden 17,1 Millionen Passagiere befördert. Vor allem Schönefeld boomt.

Selbst die Berliner Verkehrsbetriebe rutschten im letzten Jahr mit 247,3 Millionen Euro in die Gewinnzone. Aber diese Zahl ist geschönt; darin sind der Verkauf der betriebseigenen Wohnungsbestände und Rückstellungen für das Personal enthalten. Zieht man dies ab, bleibt die BVG mit 39,1 Millionen Euro in den Miesen. 2004 war der Verlust noch doppelt so hoch. Stabil hat sich der Krankenhauskonzern Vivantes entwickelt, der mit 6,1 Millionen Euro Gewinn abschloss. Zum zweiten Mal schreibt das Unternehmen schwarze Zahlen (Seite 13). BVG und Vivantes haben vor allem ihre Personalkosten kräftig verringert.

Und die Stadtreinigung (BSR), deren Chef Gerhard Gamperl fristlos gekündigt wurde? Auch dieser öffentliche Betrieb hat mit 17,3 Millionen Euro einen bescheidenen Gewinn gemacht. Darin spiegeln sich Tariferhöhungen, aber auch die erfolgreiche Behauptung im Wettbewerb mit privaten Anbietern; etwa im Recyclinggeschäft. Zu Gamperl wollte sich Sarrazin gestern nicht äußern. „Das ist Sache des Wirtschaftssenators.“ Aber für die sechs Wohnungsbaugesellschaften fühlt er sich voll und ganz zuständig.

Das Sorgenkind ist die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), die mit knapper Not an der Zahlungsunfähigkeit vorbeischrammte. Die WBM machte im vergangenen Jahr 28,4 Millionen Euro Verluste, „Stadt und Land“ lag mit 9,4 Millionen Euro im Minus. Stabil in der Gewinnzone sind seit 2003 Gesobau, Gewobag und Howoge, auch die Degewo hat sich berappelt und rutschte mit 1,5 Millionen Euro erstmals knapp in die Gewinnzone. Die Messegesellschaft wiederum schloss mit einer Nullrunde ab, konnte ihren Umsatz aber deutlich steigern. Sarrazin sieht sich nun in seinem „strikten Kurs, die Landesunternehmen zu konsolidieren und auf wirtschaftliches Arbeiten zu verpflichten“, bestätigt. Seit 2003 wurde der Personalbestand von 60 600 auf 52 600 verringert. Außerdem wurden über eine Milliarde Euro Schulden abgebaut und die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt von 781 Millionen Euro auf 695 Millionen Euro gesenkt. „Wir haben eine echte Wende geschafft“, meinte Sarrazin gestern.

ICC: Abriss frühestens 2013

Berlin braucht ein neues Kongresszentrum. Zu diesem Plan, den auch der Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) verfolgt, hat sich Finanzsenator Sarrazin gestern bekannt. Man könne das Internationale Congress Centrum (ICC) nur noch bedingt als zeitgemäßen Veranstaltungsbau ansehen. „Im Betrieb ist das ICC bekanntermaßen extrem teuer, die zweistelligen Millionenbeträge pro Jahr kann die Messegesellschaft auf Dauer nicht stemmen.“ Die logische Folge, sagte Sarrazin gestern, sei ein neues Kongresszentrum, das 2011 fertig sein solle.

Was dann mit dem ICC geschehe, müsse man sehen. Um herauszufinden, ob der Bau aus den siebziger Jahren für eine alternative Nutzung tauge, müsse „der Markt abgefragt“ werden. Das heißt, frühestens 2013 sei zu entscheiden, was aus dem ICC wird. Das Wort „Abriss“ nahm Sarrazin nicht in den Mund. Zurzeit prüft der Senat, ob die Daten zweier Gutachten, die im Ergebnis für einen neuen Kongressbau sprechen, plausibel sind. Entschieden wird nichts mehr vor der Abgeordnetenhauswahl.

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