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Berlin: Kulisse Berlin: Hamburgs Kiez liegt am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer

Das Paul-Lincke-Ufer ist unversehens zum Hamburger Kiez mutiert. "Holunderweg" klebt es blau über der Kopfsteinpflaster-Einbahnstraße, die Manteuffelstraße heißt nun "Lottbeksteig", Polizeiwagen mit Hamburger Kennzeichen versperren die Kreuzung.

Das Paul-Lincke-Ufer ist unversehens zum Hamburger Kiez mutiert. "Holunderweg" klebt es blau über der Kopfsteinpflaster-Einbahnstraße, die Manteuffelstraße heißt nun "Lottbeksteig", Polizeiwagen mit Hamburger Kennzeichen versperren die Kreuzung. Ein schwarzes Auto steht ausgebrannt und mit zersplitterter Frontscheibe am Bürgersteig.

Kreuzberg live? Nein, nur ein Film wird gedreht, diesmal eine Folge der RTL-Serie "Die Clevere" über eine Kommissarin, die in verschiedenen deutschen Städten Serienmörder jagt. "Stellt die Unterhaltungen ein, wenn ihr zugucken wollt", brüllt eine Frau vom Set den Leuten hinter dem Absperrband an. Alle Folgen werden in Berlin gedreht. "Das ist für uns als Berliner Produktionsfirma billiger", erklärt Produktionsleiter Dietmar Fischer.

Blaulicht, heranjagende Wagen. Mit schwarzen Schlitzmasken ausgestattete Scharfschützen zücken Gewehre, legen sie auf ein Autodach und zielen auf den Vorgarten des gelben Eckhauses. Es gibt eine Schießerei. Die Passanten bleiben stehen, schauen interessiert zu. "Guck mal, ich hab schon ganz viele Patronenhülsen gesammelt", erzählt ein türkischer Junge und zeigt stolz seine Tasche. Eine schwangere Anwohnerin ist unsicher, ob sie hinüber darf, nach Hause.

Eine Familie, die in dem Eckhaus wohnt, das ebenfalls für die Aufnahmen genutzt wird, findet die Angelegenheit spannend. "Da ist doch mal ein bisschen Action", meint der Mann. Anderen passt die Angelegenheit jedoch überhaupt nicht. "Plötzlich standen da Schilder, dass die Straße von Montag bis Donnerstag von morgens um sieben bis 20 Uhr gesperrt ist", ärgert sich Heinz Menne. Seit 20 Jahren wohnt er am Ufer, und er hat schon einige Dreharbeiten in der malerischen Wohngegend erlebt. "Ich habe nichts dagegen", meint er, "aber wenn fast eine Woche lang die Straße gesperrt ist, geht das zu weit." Ohne Vorwarnung seien Autos von Nachbarn abgeschleppt worden. Außerdem sei er nicht gewohnt, sich von sonnenbebrillten Filmrowdies sagen zu lassen, wie er sich im Straßenverkehr zu verhalten habe und auf dem Nachhauseweg unfreundlich "angemacht" zu werden. "Wir hatten in letzter Zeit Beschwerden von Anwohnern wegen der Zunahme von Dreharbeiten", bestätigt Baustadtrat Franz Schulz (Grüne).

In Kreuzberg wird rund 130 Mal im Jahr auf den Straßen gedreht. Begehrt sind besonders der Chamissoplatz und die Bevernstraße/Ecke Gröbenufer. Aber auch das Paul-Lincke-Ufer oder die Admiralbrücke werden bei Filmleuten als "Location" immer beliebter. Ende Februar waren am Fraenkel- und Planufer, die alle paar Monate zur Filmkulisse werden, mehrere hundert Meter Parkhafen, der Bürgersteig und die Admiralbrücke für Filmarbeiten abgesperrt worden, um dort eine künstliche Schneelandschaft zu erzeugen. Nur auf Umwegen kam man zu seiner Wohnung. Auch die Emser Straße in Wilmersdorf, die Marienstraße in Mitte oder die Mommsenstraße in Charlottenburg werden häufig von Kamera-Teams belagert.

Dass Leute sich beschweren, wenn die Straße gesperrt ist, erlebt Fischer immer wieder. Doch viele nehmen es auch gelassen. "Wir leben nun mal in der Großstadt", meint ein Passant, "wer Ruhe will, sollte aufs Land ziehen." Einem anderen sind die Dreharbeiten ebenso "egal" wie fehlende Parkplätze: Er habe weder Auto noch Fernseher.

Katharina Körting

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