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Nur zu Besuch. Früher ging Felicitas Woll in Berlin gern ins Café Burger, heute logiert sie in der City West.

© Kai-Uwe Heinrich

Felicitas Woll spielt wieder "Lolle": Kultserie "Berlin, Berlin" kommt zurück – als Kinofilm

Ein Landei in der großen Stadt - darauf basierte die 2005 eingestellte Serie. Wie es nun weitergeht? Ein Treffen mit Hauptdarstellerin Felicitas Woll.

Der Trick mit den Perücken hat nie geklappt. „Die Menschen auf der Straße haben mich trotzdem oft erkannt – an meiner Nase“, sagt Felicitas Woll mit ihrer klaren, tiefen Stimme und lacht, dass die großen blauen Augen blitzen. In solchen Momenten voll koboldhaftem Schalk könnte man fast glauben, man laufe mit der leibhaftigen Lolle durch die Straßen ihres „Berlin, Berlin“.

Knapp 15 Jahre ist es jetzt her, dass die 2004 mit einem Emmy prämierte erfolgreiche ARD-Vorabendserie nach vier Staffeln und 86 Folgen auf Wunsch von Woll, der Darstellerin der chaotisch-liebenswerten, Comics zeichnenden und ständig in den Falschen verliebten Hauptfigur Lolle, beendet wurde.

Nun kehren Lolle und viele ihrer Weggefährten von damals zurück: „Berlin, Berlin – der Kinofilm“ ist ab 19. März in den Kinos zu sehen. Darin gibt es neben einer neuen Freundin für Lolle, gespielt von Janina Uhse, nicht nur ein Wiedersehen mit Woll, sondern unter anderem auch mit Lolles alten WG-Mitbewohnern, gespielt von Sandra Borgmann, Matthias Klimsa und natürlich fehlt auch Lolles große On-and-off-Liebe Sven nicht. Er wird wieder von dem mit seiner Familie in Lichterfelde lebenden Schauspieler Jan Sosniok gespielt.

Woll (zweite von rechts) 2002 bei einem Promotermin zur Serie mit Matthias Klimsa (von links), Sandra Bergmann und Jan Sosniok.
Woll (zweite von rechts) 2002 bei einem Promotermin zur Serie mit Matthias Klimsa (von links), Sandra Bergmann und Jan Sosniok.

© Marcel Mettelsiefen/dpa

Die alten Schauplätze in Berlin – unter anderem die WG-Wohnung am Erkelenzdamm in Kreuzberg, das Start-up in der Karl-Marx-Allee, der Comicladen in der Waldstraße in Moabit oder das Strandbad Lübars – spielen hingegen keine Rolle mehr. Dafür wird aus dem Hauptstadt-Plot ein Roadmovie, das die Hauptfiguren aufgrund jeder Menge explosionsartiger Wendungen auch in den Harz und zum Schloss Belvedere auf dem Potsdamer Pfingstberg führt.

Woll selbst hat ihren festen Wohnsitz heute wie schon Anfang der 2000er Jahre, als die Serie in Berlin gedreht wurde, in Nordhessen in der Nähe von Kassel. Dort lebt sie mit ihren zwei 2006 und 2018 geborenen Kindern.

Nur kurz ist sie in Berlin, um den neuen Film vorzustellen, ihr Zeitplan ist eng getaktet. Dennoch wirkt Woll entspannt und gut gelaunt beim Spaziergang in den Seitenstraßen des Kurfürstendamms, mit den schicken Restaurants, Boutiquen und Friseuren. Ihr Hotel ist ganz in der Nähe.

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Wo hat sie denn damals während der Dreharbeiten gewohnt? Stimmt es, dass die vier fiktiven WG-Bewohner auch im echten Leben eine Wohngemeinschaft waren? „Nein, das stimmt leider nicht“, sagt Woll und lacht wieder. „Meist habe ich in Produktionswohnungen gewohnt: an der Prenzlauer Allee zum Beispiel und auch am Hackeschen Markt.“

Doch manchmal haben sich, wie es teilweise ebenfalls in der Serie „Berlin, Berlin“ geschah, auch im echten Leben Fiktion und Realität vermischt, erzählt die 40-Jährige und wird ein bisschen melancholisch: „Es kam vor, dass wir in der Film-WG so lange gedreht haben, dass wir Schauspieler abends einfach in unseren WG-Schlafzimmern am Set in die Betten fielen und am nächsten Morgen weitergedreht haben. Das war toll!“

Wenn nicht gearbeitet wurde, wurde natürlich auch mal gefeiert. „Ach, wie oft waren wir im Blauen Band an der Alten Schönhauser zu Gast, das ja leider schließen musste. Oder wir haben im Café Burger die Nacht zum Tag gemacht“, erinnert sich Felicitas Woll.

Berlin war früher "ranziger"

Vor knapp 15 Jahren schien es in Berlin noch mehr Punks zu geben, die Stadt sei insgesamt „ranziger“ gewesen, sagt Woll und in ihrer Stimme klingt leises Bedauern mit, aber sie wisse, betont sie, dass solche Veränderungen nicht aufzuhalten seien.

Genauso wenig wie die im persönlichen Leben: „Damals waren wir alle ungebunden, frei. Kinder hatten die meisten noch nicht.“ Auch nach Serienende verloren sich die vier befreundeten Schauspieler nicht aus den Augen. „Manchmal treffen wir uns bei Jan in Berlin zum Kochen oder wir besuchen Matthias in Hamburg, auch bei mir waren meine alten Kollegen schon“, erzählt Woll, als sie am Savignyplatz plötzlich unterbrochen wird: „Nein, hör auf! Frau Woll!“, ruft ein Mann mit Koffer, weißen Haaren und Bart. Großes Hallo, innige Umarmung.

Es ist Regisseur und Drehbuchautor Rolf Silber, mit dem Woll gerade in Frankfurt die schwarzhumorige ZDF-Produktion „Weihnachtstöchter“ abgedreht hat, die Ende des Jahres ausgestrahlt werden soll. „Also, ich kann über diese Frau nur Gutes sagen“, sagt Silber noch, bevor sich die beiden freundschaftlich verabschieden und es mit dem Spaziergang weitergeht entlang der Kantstraße.

Mit Janina Uhse (re.) kehrt Woll als Lolle zurück, ab dem 19. März in den Kinos.
Mit Janina Uhse (re.) kehrt Woll als Lolle zurück, ab dem 19. März in den Kinos.

© promo

Felicitas Woll, die als junge Frau in einer Disco im hessischen Korbach entdeckt wurde, hat nach „Berlin, Berlin“ vor allem mit ernsten Rollen auf sich aufmerksam gemacht, etwa im Zweiteiler „Dresden“, als kämpferische Mutter in den Fernsehfilmen „Kinder des Sturms“ und „Nackt. Das Netz vergisst nie“ oder als Kommissarin im „Taunuskrimi“.

Die Lust an der Leichtigkeit der Komik hat sie jedoch nie verloren. „Ich mag schwarzen Humor“, sagt sie. Gute Drehbücher für Komödien gebe es aber leider viel zu selten, findet Woll, während sie am Arthouse-Kino „Filmkunst 66“ in der Bleibtreustraße vorbeischlendert.

"Ich habe mich immer gegen das allzu ernste Erwachsenwerden gewehrt"

Für ihre Darstellung der Lolle hat Woll unter anderem den Deutschen Fernsehpreis und den Grimme-Preis gewonnen. Kann sie über Lolle ihre lustige, verrückte Seite ausleben? „Auch im echten Leben habe ich mich eigentlich immer gegen das allzu ernste Erwachsenwerden gewehrt“, verrät Woll. „Manche meiner Freundinnen kommen mir viel erwachsener vor, als ich es bin.“

Ist sie traurig, dass mit dem lang geplanten und von den Fans sehnsüchtig erwarteten Kinofilm nun vielleicht das letzte Kapitel in Lolles Leben voll explosiver Gefühlsausbrüche und überraschender Wendungen abgedreht ist, dies nun ein Abschied für immer sein könnte? „Das ist alles noch offen, wer weiß, ob es nicht doch irgendwann einmal eine Fortsetzung geben wird“, spekuliert Woll.

Sie ist jedenfalls froh, dass sie heute keine Perücken mehr braucht, um einigermaßen unbehelligt auf die Straße zu gehen. Allerdings macht ihr die Smartphone-Kultur manchmal etwas zu schaffen. Von Fans um ein Selfie gebeten zu werden, ist für sie völlig in Ordnung, aber ungefragt fotografiert zu werden, findet sie schwierig. „Jemanden um jeden Preis zu fotografieren, ist für mich auch eine Respektfrage.“

Manche glauben, mit ihr studiert zu haben

Aber es gab auch viele komische Anekdoten, erzählt Woll. Zum Beispiel, wenn sie jemand erkennt und glaubt, mit ihr studiert zu haben. Oder wenn wildfremde Frauen mit den Worten auf sie zustürmen: „Sie sind meine absolute Lieblingsschauspielerin! Wie heißen Sie noch gleich?“

Manch eine Schauspielerin wäre da vielleicht beleidigt. Felicitas Woll aber nimmt solche Situationen mit Humor. Sie hat einen Ausdruck für die Notwendigkeit, den Verrücktheiten des Lebens mit einem Lachen zu begegnen: „Das große Ganze hopsnehmen“, nennt sie das.

Wer sie und ihr Alter Ego Lolle für diese Haltung mag, dürfte auch an dem Kinofilm seine Freude haben.

Eva Steiner

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