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Berlin: Kurz mal berühmt

VON TAG ZU TAG Bernd Matthies über die Risiken des Busfahrens in der Öffentlichkeit Ist nun endlich Andy Warhols Prophezeigung von 1968 eingetroffen, in der Zukunft werde jeder Mensch für 15 Minuten berühmt sein? Es ist ja so einfach: Einen Bus besteigen, mit einer Waffe herumfuchteln, die Polizei kommen lassen – und dann rasch in jede TVKamera grinsen.

VON TAG ZU TAG

Bernd Matthies über die Risiken

des Busfahrens in der Öffentlichkeit

Ist nun endlich Andy Warhols Prophezeigung von 1968 eingetroffen, in der Zukunft werde jeder Mensch für 15 Minuten berühmt sein? Es ist ja so einfach: Einen Bus besteigen, mit einer Waffe herumfuchteln, die Polizei kommen lassen – und dann rasch in jede TVKamera grinsen. Die Neuigkeit der aktuellen Busentführungen besteht freilich weniger darin, dass sie sich ereignen, sondern eher in ihrer von vornherein erkennbaren Sinnlosigkeit. Die ersten Flugzeugentführer hatten ja ein zumindest ansatzweise rationales Ziel, das darin bestand, möglichst schnell ins gelobte Kuba zu kommen. Heute reicht es, irgendetwas von der Freilassung inhaftierter Kämpfer zu faseln, und schon sitzt die Nation am Fernsehgerät und analysiert.

Die Entführer haben also ihr Ziel erreicht, falls es darin bestanden haben sollte, maximale Aufregung zu stiften. Doch was nun? Ist das die Stunde der Sicherheitsexperten, die nun in jeden Linienbus Metalldetektoren einbauen werden, wenn man sie nur lässt? Werden SEK-Beamte als Schaffner eingesetzt, bekommen die Fahrer einen gepanzerten Glaskasten? Bitte nicht. Wir können Nahverkehr und Alltag mit Sicherheitsmaßnahmen komplett lahm legen – oder uns zum allgemeinen Lebensrisiko bekennen, das auch die Möglichkeit einschließt, von Geistesgestörten bedroht oder umgebracht zu werden. Denn es wird nicht lange dauern, bis die Busentführung wieder als uncool gilt und einer neuen Methode weicht, die es ebenfalls möglich macht, 15 Minuten lang berühmt zu werden. Vielleicht die erste Fahrradentführung?

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