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Pflueger

© dpa

Internet: Privates Polit-Blogging mit Pflüger

Der Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion, Friedbert Pflüger, hat begonnen, ein Weblog zu führen. Er betrachtet sein "Schwarzes Blog" als Versuch eines politischen Tagebuchs. Interessierte können ab heute hautnah mitverfolgen, wie der Politiker "verdammt normal in Berlin lebt".

Von den YouTube-Live-Debatten der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten bis zu Angela Merkels regelmäßigen Podcasts: Politiker machen sich längst die modernen Kommunikationswege des Web 2.0 zu Nutze. Alleine die Volksvertreter auf Landesebene hielten sich in dieser Hinsicht bisher zurück. Friedbert Pflüger, Vorsitzender der Berliner CDU-Fraktion, leistet mit seinem neuem Weblog Pionierarbeit.

Seit heute ist das CDU-Blog mit klarer Mission online und verspricht "jeden zweiten oder dritten Tage" einen neuen Eintrag: Das Porträt auf Pflügers Startseite zeigt ihn in kontemplativer Pose, Hand unterm Kinn, den kritischen Blick über Berlins Skyline gerichtet. Das ist ganz klar der scharfsinnige politische Analyst, der den Alltag Berlins kommentiert und dabei aus dem eigenen Nähkästchen plaudert: "Ich möchte ihnen von meinen Empfindungen berichten, wenn ich morgens die Zeitung aufschlage, von meinen Erlebnissen im Alltag. Ich möchte, dass sie mich etwas näher kennen lernen. Wie ist der zu seiner Entscheidung gekommen? Welchen Zwängen unterliegt er? Es soll einen kleinen Einblick in die 'Werkstatt' geben. Ich möchte den Menschen berichten von den Büchern, die ich lese und von Gesprächen, die ich führe." So will der Politiker auch seinen eigenen Beitrag gegen Politikverdrossenheit leisten, denn er sei sich bewusst, dass "viele der Meinung sind, wir Politiker seien alle korrupt, mittelmäßig und weit entfernt von den Alltagssorgen der Bürger. (...)Ich habe die große Sorge, dass der voranschreitende Vertrauensverlust in die Politiker eines nicht all zu fernen Tages erneut den Wunsch nach einem 'starken Mann' wach werden lässt. Das wäre furchtbar!"

Zu einer politischen Expertenrunde soll sich Pflügers Weblog jedoch nicht entwickeln. Stattdessen setzt der Politiker auf Persönliches und Privates, schließlich stehe auch er mitten im Leben und sei kein abgehobener Politiker: "Ich habe eine Frau und zwei Kinder. Wir leben in unserem Kiez. Wir haben Nachbarn, Freunde – wie alle anderen Menschen auch. (...) Wir leben verdammt normal in Berlin." So viel persönliche Nähe ist man in der anonymisierten Welt des Web 2.0 gar nicht mehr gewohnt.  Und dann lädt der CDU-Politiker auch noch zum nachbarschaftlichen Plausch: "Mit Hilfe dieses Blogs möchte ich mit den Berlinerinnen und Berlinern, aber auch allen anderen Interessierten einen intensiven Dialog beginnen. (...) Mit diesem Forum will ich keinen 'Fan-Blog' schaffen sondern ein ehrliches Forum für einen demokratischen Dialog. Ich freue mich auf Ihre Anregungen und Kommentare, auch auf Kritik – und vielleicht ab und zu auf etwas Ermutigung!"

Boxkampf im "Schwarzen Blog"

Dieses letzte Zitat zeigt bereits, auch ein CDU-Vorsitzender will auf den blogtypischen humorvollen Ton nicht verzichten. Und wie leicht sich doch Wortspiele mit "Blog" ergeben: Nicht nur der (oder das?) "Fan-Blog" wird da kreiert, auch der seit Heiligendamm überstrapazierte "Schwarze Block" muss herhalten, in Pflügers Lesart "Schwarzer Blog", denn was sonst ist wohl das Weblog eines CDU-Politikers? Beim ersten Pressetermin prangt der nette Slogan auf den schwarzen T-Shirts junger Pflüger-Fans, die ihm geschlossen zur Seite stehen, während der Politiker noch etwas bemüht mit abgenommener Brille den Laptop beäugt.

In der Themenwahl seiner kurzen Einträge gibt sich der Politiker ebenso leger und volksnah. Mit Sport-Analogien, dachte sich Pflüger, kann man nichts falsch machen, doch dass er ausgerechnet im Profi-Boxsport so viele Gemeinsamkeiten zum Politikerdasein findet, mag etwas irritieren. Detailliert beschreibt er seine Gedanken während eines Boxkampfs am Samstag in der Schmeling-Halle: "Während der elf Runden beschlich mich wiederholt der Gedanke, dass es doch viele Gemeinsamkeiten zwischen Boxern und Politikern gibt. (...) Eine faire Streitkultur, so schoss es mir durch den Kopf, ist eigentlich fast stärker im Boxring vorhanden, weniger im Parlament. Dort gibt es viele unfaire Attacken, viel Polemik, viel Täuschung. Auch wenn man nicht alles so leicht wegsteckt, wie es vielleicht aussieht: Ich kenne das 'Geschäft' seit vielen Jahren. Angriffe und Anfeindungen motivieren mich."

Wer hätte gedacht, dass Politiker so zu kämpfen haben. Da wünscht man Pflüger zumindest für seine Blogger-Karriere eine faire Streitkultur sowie langen und fruchtbaren Schlagabtausch mit Bürgern, Kommentatoren und Kritikern, ganz im Sinne des Autors: "Ich wünsche mir, dass Sie mich – auch als Mensch – ein wenig besser kennen lernen und mir abnehmen, dass ich an Ihrer Meinung und Ihrer Anregung ein ernsthaftes Interesse habe. Ich werde nicht auf jede Zuschrift individuell antworten können, aber lesen kann ich Ihre Kommentare zu diesem Blog alle male."

Besuchen Sie das "Schwarze Blog" unter www.pfluegers-blog.de

Christian Schober

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