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© Kai-Uwe Heinrich

Soziale Stadtentwicklung: Kaum einer kennt noch zu jedem Fördertopf das Deckelchen

Die soziale Stadtentwicklung ist ein verwirrendes Netzwerk aus Senats- und Bezirksbehörden, Fachleuten und Betroffenen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die soziale Stadtentwicklung ist keine Erfindung des Berliner Senats, sondern fußt auf einem Bund-Länderprogramm, das 1999 gestartet wurde, um den Problemkiezen der Republik auf die Beine zu helfen. Über 500 Stadtteile in Berlin und Hamburg, Leipzig und Dortmund, München, Stuttgart usw. profitieren davon. Allerdings ballen sich die schwierigen Quartiere in keiner anderen deutschen Kommune so wie in Berlin.

Gesteuert werden die öffentlichen Hilfen von der Stadtentwicklungsverwaltung des Senats. „Ich habe den Hut auf“, sagt Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) selbstbewusst. Einer von denen, der glaubt, dass verwirrende Netz der Akteure, Fördertöpfe und Rechtsvorschriften noch zu überblicken, ist ihr Abteilungsleiter Wolf Schulgen. Zuständig für Wohnungswesen, Stadterneuerung und die Soziale Stadt. „In den Quartieren“, sagt er, „sollen die Leute möglichst nichts merken von dem komplizierten Abstimmungsapparat und der Finanztechnik, sondern sich auf ihre Projekte konzentrieren können.“

Ganz oben, wo Junge-Reyer ihren Hut spazieren trägt, sitzt eine Lenkungsgruppe, die von ihrer Staatssekretärin Hella Dunger-Löper geleitet wird. Ständige Mitglieder sind die Staatssekretäre fast aller Senatsverwaltungen, denn auch Arbeit und Soziales, Inneres, Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Kultur leisten ihren (auch finanziellen) Beitrag zur sozialen Integration. Die Bezirke sind ebenso vertreten durch Abgesandte des Rats der Bürgermeister, und je nach Thema werden Experten hinzugezogen. Die Lenkungsgruppe tagt zwei Mal jährlich und legt die großen strategischen Linien fest.

Umgesetzt und kontrolliert werden die Rahmenprogramme, auf die man sich politisch einigt, von einer Arbeitsgruppe, in der Fachreferenten der jeweiligen Senatsressorts sitzen. Man trifft sich drei bis vier Mal pro Jahr. Außerdem gibt es regelmäßige Steuerungsrunden mit den Bezirken, die Quartiersmanagement betreiben. Dort haben in der Regel die Bürgermeister, etwa Franz Schulz (Grüne) in Friedrichshain-Kreuzberg oder Heinz Buschkowsky (SPD) in Neukölln, diesen sensiblen Bereich unter ihre Fittiche genommen. Manchmal auch die Sozialstadträte. Als Peter Strieder (SPD) der Bausenator war, legte er noch großen Wert auf ein zentrales Stadtteilmanagement.

Das hat sich geändert. Im Rahmen der politischen Vorgaben verteilen die Bezirke die Fördergelder, die ihnen zugeteilt werden, nach eigenem Gusto. Bei Projekten unter 10 000 Euro sind die Teams, die die 33 Stadtteile „mit besonderem Entwicklungsbedarf“ managen, sogar selbst verantwortlich für die Mittelvergabe – jeweils in Zusammenarbeit mit den Anwohnern, Gewerbetreibenden, Grundeigentümern und den Bezirksbehörden. Außerdem schicken der jeweilige Bezirk und die Stadtentwicklungsverwaltung in jedes Quartier einen Gebietskoordinator, der dem Team vor Ort zugeordnet ist. Damit die Sache nicht zu einfach wird: Neben dem Quartiersmanagement gibt es noch die Stadterneuerung mit derzeit elf Sanierungsgebieten, das neue Bund-Länder-Programm „Aktive Stadtzentren“ und den Stadtumbau Ost und West.

Das ist noch nicht genug. Nach dem neuesten Monitoring zur sozialen Stadtentwicklung wurden fünf besonders problematische Stadtgebiete (Wedding/Moabit, Kreuzberg-Nordost, Neukölln-Nord, Spandau-Mitte und Marzahn-Nord/Hellersdorf-Nord) identifiziert. Diese „Aktionsräume plus“ werden gesondert und vorrangig gefördert.

„Die Hamburger haben uns vieles abgeguckt“, sagt Abteilungsleiter Schulgen. Auch der Bund bescheinige Berlin, die soziale Stadtentwicklung weit vorangetrieben zu haben. Dagegen kritisieren Grüne und Mieterverein, dass die Koordinierung kompliziert und unzureichend sei. Ulrich Zawatka-Gerlach

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