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Steuerstreit: Abgeordnete zeigen Sarrazin-Verwaltung an

"Das ist ein staatsstreichartiger Angriff auf das gesamte Parlament" - so bewertet der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Volker Ratzmann, das Veröffentlichen von Steuerdaten einiger Abgeordneter. Finanzsenator Sarrazin droht eine Anzeige.

Der Streit zwischen dem Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) eskaliert. Der Ausschuss beschloss einstimmig, Anzeige gegen Sarrazins Verwaltung wegen Verrats des Steuergeheimnisses zu stellen. Die Ausschussmitglieder, die von allen Parteien gestellt werden, werfen der Finanzverwaltung zudem Nötigung eines Verfassungsorgans vor.

Die Verwaltung hatte am Montag vertrauliche Steuerdaten mehrerer Abgeordneter veröffentlicht. Die Behörde wollte auf diesem Weg Vorwürfe der Politiker widerlegen, gegen sie seien besondere Steuerprüfungen eingeleitet worden, um Druck auf sie auszuüben. CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger sprach von einem "Anschlag auf die Freiheit des Parlaments". Die Veröffentlichung der persönlichen Steuerdaten in einer Pressemitteilung sei "unglaublich" und müsse im Parlament behandelt werden.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner sagte: "Das ist ein staatsstreichartiger Angriff auf das gesamte Parlament." Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Volker Ratzmann, warf Sarrazin "absolutistische Züge" und "Machtmissbrauch" vor. "Das ist eine Drohkulisse nach dem Motto: Das Imperium schlägt zurück." Jetzt müsse der Ältestenrat entscheiden, ob das Parlament in der Sache vollständige Akteneinsicht verlange.

Von der Steuererklärung bis zur Kontopfändung

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Christian Gaebler räumte ein, beide Seiten hätten überzogen und "nicht besonders klug gehandelt". Man müsse nun versuchen, einen Weg zur Klärung zu finden. Sarrazins Sprecherin Kristina Tschenett betonte, die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt worden. Man habe die Abgeordneten gebeten, ihre Anschuldigungen zu belegen und dazu ihre Steuerakten teilweise offen zu legen. Das sei aber nicht geschehen. Nun habe die Verwaltung auf die Vorwürfe reagieren müssen.

Die Finanzverwaltung wollte sich mit ihrer siebenseitigen Erklärung am Montag gegen Vorwürfe von zwei Abgeordneten und einem früheren Parlamentarier zur Wehr setzen. Die Veröffentlichung der Steuerdaten sei notwendig gewesen "zur Richtigstellung (...) unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern". Im Detail geht die Verwaltung auf die Steuerfälle der Abgeordneten Ralf Hillenberg (SPD) und Rainer-Michael-Lehmann (FDP) sowie des früheren CDU-Abgeordneten Ulrich Brinsa ein. Dabei geht es unter anderem um Fahrtkostenabrechnungen und ausbleibende Steuerzahlungen, die zu einer Kontopfändung führten.

Politiker sind erschüttert

Die drei Politiker hatten die Finanzbeamten zuvor beschuldigt, Sonderprüfungen auf sie angesetzt zu haben, um sie einzuschüchtern. Kurz zuvor hatten die Parlamentarier Vorwürfe untersucht, wonach in einem Finanzamt Mitarbeiter gemobbt worden seien. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, die Vorwürfe seien komplett widerlegt. "Ich weiß, dass sich meine Verwaltung und meine Mitarbeiter hier zu jeder Zeit absolut tadellos verhalten haben." Auf die Bearbeitung der Steuerfälle habe niemand unzulässig Einfluss genommen. (mit dpa)

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