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Kollegah (l) und Farid Bang singen bei der 27. Verleihung des Deutschen Musikpreises Echo.

© Jörg Carstensen/dpa

Leserbriefe: Verheerendes Echo auf die Echo-Verleihung nimmt zu

Ein Leserbrief zum Skandal um die Echo-Verleihung.

Die Verleihung des Echo-Preises 2018 für das Rap-Album von Kollegah und Farid Bang hat etwas von einem Friedensnobelpreis für junge und brutale Gauleiter, die vorzugsweise gutaussehend daherkommen. Hier betätigen sich moralische Insolvenzverwalter auf der Bühne, die es cool finden, eiskalt Hohn und Spott zu verkaufen. Ihr Kalkül ging auf, als sie auf dem Rücken der Opfer moralischer Verwüstungen Kasse machten. Sie sind jetzt reich und berühmt. Wenn Sinnwidrigkeit definierter ist als Gossenekel, dann ist es Zeit, „mal wieder `nen Rausschmeißer zu machen“. Selten ergoss sich ein Fanal der Empörung so konsequent und zwar womit? Mit Recht! Hier geht es nicht um den heiligen Ernst der Meinungsfreiheit, sondern um den Protest gegen perfide Niedertracht. Der Veranstalter des Musikpreises Echo verschanzt sich seitdem hinter der Fassade eines Lippenbekenntnisses unter der Chiffre „Entschuldigung“. Ganz offenkundig sind die Mitglieder dieser Preisverleihungsschmiede auch das Opfer einer zeitgenössischen Gedankenlosigkeit, die unser Augenmerk auf eine viel größere Dimension lenkt. Die jungen und brutalen Rapper Kollegah und Farid Bang sehen zu guter Letzt neben der Jury aus mehreren Gründen nicht gut aus. Sie toben sich derzeit in einer Atmosphäre der Gleichgültigkeit aus, die tiefsitzende Wurzeln hat. Es nimmt nicht Wunder, dass Frühwarnsysteme in Beiräten von Musikgremien außer Gefecht gesetzt werden, wenn schon in sehr viel höheren Etagen der Charme der political incorrectness regiert. Wir haben es mit Meinungsmachern in aufsteigender Linie zu tun, die namentlich bestens bekannt sind. Gauland, Höcke, Orban, Wilders, Le Pen und als planetarischer Frontmann Trump leben es vor. Die Dominanz der Schwäche über Stärken war selten so auffällig wie zur aktuellen Stunde. Das Klima wird durch solche toxisch maskulinen Twittler von Tag zu Tag mehr vergiftet. Die beiden moralischen Dreckschleudern aus dem Musikstudio sind aber nicht nur primitive Täter. Man traut sich kaum zu sagen, sie auch als Opfer dieser neuen Hintergrundstrahlung der Abgehängten des Durchblicks zu bemitleiden. Es gibt möglicherweise eine unmittelbare Verbindung zwischen den neuen Aposteln der Hau-drauf-Generation und der Musik mit Auschwitz-Witzen. Dass die Organisatoren der Echo-Verleihung diesen Zusammenhang nicht erkannt haben, ringt uns die Forderung nach der Höchststrafe ab. Holt die Abrissbirne für eine solche verbale Schlammruine heraus! Der Transfer von Echo-Preisen in die umgekehrte Richtung ist daher nicht nur die angemessene Konsequenz. Vielmehr verdient diese Haltung größten Respekt und Anerkennung für alle, die nicht mehr bereit sind, die Kommerzialisierung dumpfer Eitelkeiten auf dem Rücken der Opfer schlimmster moralischer Verwüstungen hinzunehmen.

Dr. Thorsten Purps, Potsdam

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