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Berlin: Limit in der Stromstraße: Zuviel Ruß aus dem Auspuff: Nur noch Tempo 30 erlaubt. Positiver Effekt umstritten

Tausende Autos und Lastwagen brausen täglich durch die Stromstraße. Es stinkt nach Abgasen, und es ist laut.

Tausende Autos und Lastwagen brausen täglich durch die Stromstraße. Es stinkt nach Abgasen, und es ist laut. Seit wenigen Tagen sollen Tempo-30-Schilder zwischen Birken- und Perleberger Straße die Verkehrsflut eindämmen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung testet in einem halbjährigen Versuch, ob sich so Luft- und Lärmbelastung reduzieren lassen. Erstmals ist auf einer Hauptverkehrsstraße in der Stadt ganztags Tempo-30 vorgeschrieben. Polizeikontrollen sollen bewirken, dass die Schilder respektiert werden. Der Nutzen der Aktion ist jedoch umstritten.

Mit 8,5 bis 9 Milliardstel Gramm pro Kubikmeter ist der Rußgehalt der Luft in der Stromstraße zu hoch. Ab 8 Milliardstel Gramm ist die Straßenverkehrsbehörde verpflichtet zu prüfen, was gegen die schlechte Luft getan werden kann. Die Lärmwerte auf der Stromstraße betragen tagsüber 70 Dezibel, das sei im "oberen Grenzbereich" des Zulässigen, heißt es. Eine Gesundheitsgefahr besteht laut einer Studie des Bundesumweltamtes allerdings schon bei einem Lärmpegel von 65 Dezibel. Wie gefährlich der Ruß ist, lässt sich nach Angaben der Senatsverwaltung schlecht in Grenzwerten ausdrücken. Er gilt an sich als Krebs erregend.

Der TU-Verkehrsingenieur Lutz Kaden sagt, bei Tempo 30 laufe der Verkehr gleichmäßiger. Weil weniger beschleunigt und abgebremst werde, entstehen weniger Lärm und Abgase. Der ADAC bezweifelt das: "Wir können bei Tempo 30 keine Umweltvorteile erkennen", sagt der Münchner ADAC-Fachmann Dieter K. Franke. Nur bei "idealer Fahrweise" sänken die Schadstoffwerte, nämlich dann, wenn sehr niedrigtourig und gleichmäßig gefahren werde. Der ADAC lehnt eine Ausdehnung des Tiergartener Versuchs ab. Auch das Umweltbundesamt (UBA) geht davon aus, dass Tempo-30-Zonen nur "geringe" Auswirkung auf den Rußgehalt der Luft haben. Es seien aber "spürbare" Verbesserungen beim Lärm und bei der Verkehrssicherheit damit verbunden, sagte UBA-Sprecher Karsten Klenner.

Als "ersten Schritt in die richtige Richtung" wertet Tiergartens Baustadtrat Horst Porath (SPD) das Tempolimit. Die übermäßige Lärm- und Schadstoffbelastung sei das Problem vieler Hauptverkehrsstraßen in der Stadt. Es gehe darum, die Lebensqualität in den Straßen zu verbessern, nicht um ihre "Sperrung". Manch einer denke bei Tempo-30 gleich an den "Verfall des Abendlandes".

Werden weitere Hauptverkehrsstraßen gedrosselt, wenn der Versuch in der Stromstraße erfolgreich verläuft? Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will sich dazu noch nicht äußern. "Man muss erst einmal abwarten, ob er etwas bringt", sagte ihre Sprecherin Dagmar Buchholz. In ihre Überlegungen einbeziehen wird die Verwaltung auch die Ergebnisse eines Modellversuchs, den der frühere Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) vergangenes Jahr gestartet hat. Klemann führte in fünf Straßen versuchsweise Tempo 30 in den Nachtstunden ein, auf zwei Straßen in Reinickendorf und in Neukölln ein Nachtfahrverbot für Lkw. Zudem wurden in einigen Bezirken Schilder mit Routenempfehlungen für Lkw aufgestellt. Die Resultate will die Verkehrsverwaltung demnächst vorstellen.

Noch scheinen die wenigsten Autofahrer in der Stromstraße die Tempo-30-Schilder zu beachten. Höchstens ein Drittel bremst ab. Manche Experten sagen, es dauere mindestens ein Jahr, bis Tempo-30-Zonen akzeptiert werden.

Tobias Arbinger

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