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Berlin: Lolli-Pop und Pete Doherty

Das erste Schülerband-Festival rockte den Postbahnhof am Ostbahnhof

„Und jetzt steht ihr mal alle auf.“ Keiner bewegt sich. „Hey, wer nach vorne kommt, kriegt einen Lolli“. Einer springt auf und lässt sich wieder fallen. „Okay, vergesst es einfach“. Die Band spielt, drei Mädels rocken am Bühnenrand, der Rest sitzt auf dem Rasen. Dies ist ein Festival und kein Castingbandkonzert.

Das „Schools Out Festival“ im Postbahnhof. 30 Bands, Schüler oder frisch gebackene Ex-Schüler, spielen von ein Uhr mittags bis in die Nacht. Drei Bühnen, vier Bars, fünf Euro Eintritt. Es ist der erste Ferientag, und sechs Wochen Freiheit liegen vor allen Berliner Schülern. Und die traben jetzt gemütlich vom Ostbahnhof Richtung Postbahnhof. Am besten immer dem Lärm nach. Drei Gitarren dröhnen im Flackerlicht, einer schreit. Ist das noch der Soundcheck, oder sind wir schon mittendrin? Man weiß es nicht. Weiter nach draußen, die Sonne scheint noch. Schneidersitz-Gruppen lagern auf dem verdörrten Rasen, ein paar Jungs und Mädels spielen Frisbee, der Rest guckt sich um. Vorne auf der Bühne spielt die Musik, nur ab und zu rauscht ein ICE durch den Song. Was soll’s: School’s out!

Und wer ist schuld daran? Tino Meister, der Organisator des ersten Schülerband-Festivals. Aber er ist schwer zu finden, weil er so viel herumwuselt. Bands den Backstage-Bereich zeigen, Kabelbinder besorgen, Techniker trösten – heute ist er der Papa für alles. Eigentlich ist er Konzertmanager und hat vor allem Namen junger Bands in seinem Computer stehen. Bands, die noch nichts sind, aber viel werden können (die Band „Mia“ stand auch einmal auf seiner Liste). Und wie merkt man das? Gute Entertainer erkenne man sofort, sagt er, „die verteilen ihre Flyer und bringen gleich hundert Mädels mit zum Konzert“. Drinnen haut gerade ein Pete-Doherty-Verschnitt mit weißem Hemd und roten Schlips in die Saiten. Der Techniker würde die hassen, aber es seien tolle Jungs.

Und darum geht es hier. Dass Leute Musik machen und spielen und alle Spaß dabei haben. Wie die drei Freundinnen ganz vorne an der Bühne, Minirock über Leggins, 11. Klasse aus Ludwigsfelde. Eigentlich würden sie alles hören, sagen sie, Hauptsache witzige Leute. In ihrer Stadt seien alle so normal. Ach ja? „Keine Ohrringe, kein Gürtel, nischt“. Zum Glück trennen nur 17 Minuten Regionalexpress die Provinz von der Stadt.

Das ist zu schaffen. Wie man an den Jungs der Band „Gardens End“ sieht. Ursprüngliche Ludwigsfelder auch sie. Im Herbst bringen sie ihre erste CD heraus. Blauäugig seien sie nicht, sagt der Sänger. Mit ihren Auftritten verdienten sie zwar noch kein Geld, aber zahlen auch nichts mehr drauf. Und was wäre, wenn ein Produzent vorbeikommen würde? „Wir würden uns nicht verändern lassen“, sagt er und überlegt kurz, „okay, kommt drauf an wie“.

Johanna Lühr

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