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Losverfahren an Schulen: Jetzt beginnt die Klassenlotterie

Gymnasien und Sekundarschulen stellt das Losverfahren für 30 Prozent der Plätze vor Probleme. Bis zum 8. April muss alles entschieden sein.

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80 Lose, 37 Gewinner. Lehrer Jens Brommer hält den silbernen Loseimer eng umschlungen. „Eine knappe Fünfzig-fünfzig-Chance für die Bewerber, an unsere Schule zu kommen“, sagt Jochen Pfeifer, Schulleiter des John-Lennon-Gymnasiums. Gemeinsam mit Jens Ungnad und Peter Keitel vom Schulamt Mitte sitzt er am großen Tisch im Schulleiterbüro. Brommer wird die Namen ziehen, Schulleiter Pfeifer sie vorlesen und die Kollegen vom Schulamt die Neuzugänge im Protokoll festhalten. Dann wird klar sein, wer die Glücklichen sind, die nach den neuen Aufnahmekriterien für Gymnasien und Sekundarschulen die Losplätze ergattert haben.

Das Losverfahren bereitet den Schulen und auch den Bezirken derzeit eine Menge Stress. „Rund 2500 Kinder müssen jetzt binnen drei Wochen zugeteilt werden“, sagt die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD). „Das ist eine Herausforderung. Von unseren sechs Gymnasien sind vier übernachgefragt, von den zwölf Sekundarschulen fünf.“ Generell gilt: 60 Prozent der Jugendlichen wählt die Schule nach Notendurchschnitt selbst aus, zehn Prozent der Plätze gehen an Härtefälle. Der Rest wird verlost.

In Reinickendorf ist die Lage fast noch schlimmer. „Wir haben acht Gymnasien im Bezirk, davon sind sieben übernachgefragt“, sagt Bildungsstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU). Das einzige weitere Gymnasium aber habe nicht genug Plätze, um alle abgelehnten Kinder aufzunehmen. Mehr als 2600 Schüler müssten in Reinickendorf auf die siebten Gymnasialklassen verteilt werden, mehr als 1000 Kinder seien im Losverfahren gelandet.

Mehr Anmeldungen als Plätze gibt es auch an sechs Schulen in Charlottenburg-Wilmersdorf. In Mitte sagt Schulamts-Mitarbeiter Peter Keitel, die Auswahlkriterien an den Schulen seien unterschiedlich, aber jeweils mit dem Senat abgestimmt. So hätten in Mitte einige der fünf Schulen einfach nur gelost, andere bei der Auswahl vor der Verlosung bestimmte Fächernoten wie Deutsch doppelt bewertet. Das John-Lennon-Gymnasium habe als Einziges einen Test durchgeführt.

„Unser Aufnahmeprozedere bestand aus einem Test für alle 168 Bewerber, dessen Ergebnis mit ihrem Notendurchschnitt verrechnet wurde“, sagt Schulleiter Pfeifer. So hätten sie nach dem Leistungsprinzip die besten 87 Schüler ausgewählt. Ein Platz sei an ein Integrationskind gegangen und die verbleibenden 80 seien in den Lostopf gewandert.

Weil die Vorgaben der Senatsverwaltung zum Teil unterschiedlich interpretiert wurden, mussten zwei Schulen ihr Losverfahren verschieben. Unsicherheiten gibt es auch, wenn eine Schule ein besonderes Profil hat. Bei der Reinickendorfer Bettina-von-Arnim-Sekundarschule konkurrieren 425 Bewerber um 208 Plätze. Im Friedrich-Engels-Gymnasium im selben Bezirk bewarben sich 195 Bewerber um 96 Plätze. Geplant sind dort drei Klassen – eine Regelklasse, eine mit Schwerpunkt Sport und eine mit Schwerpunkt Biologie auf Englisch. „Beim Losverfahren besteht laut Senatsverwaltung kein Anspruch auf die Zuordnung zu einer bestimmten Klasse. Daher werden wir die 30 Prozent Losbewerber am Montag gemeinsam auslosen“, sagt Schulleiter Olaf Wandelt. Es könne also sein, dass ein Schüler, der in die Biologie-Klasse will, in eine Sport-Klasse komme. „Wir hoffen aber, im Nachhinein Verschiebungen vornehmen zu können“, sagt Wandelt.

Zum 8. April müssen alle Bezirke ihre Aufnahmebescheide versendet haben. Alle Eltern sollen gleichzeitig Bescheid erhalten. Wie eine Schule bei der Auswahl vorgegangen sei, werde nur bei Klagen der Eltern vom Schulamt aufgeschlüsselt, sagte Peter Keitel vom Schulamt Mitte. Durch das Losverfahren sei jedoch der Frustrationsgrad von Eltern und Schülern niedriger als früher, weil es als fair empfunden werde, sagt der Schulleiter des John-Lennon-Gymnasiums, Pfeifer. Nach knapp 15 Minuten ist die Ziehung der 37 Gewinner an seiner Schule beendet. Den Elternvertretern Tim Lanz und Isabella Kobel (Namen geändert) steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Die Namen ihrer Söhne waren auch im Lostopf. Nun stehen sie ganz hinten auf der Warteliste.

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