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Ein Dämel? Oder besonders raffiniert? Hallervorden in "Der Dehmel"

© promo

Update

Lustig oder geschmacklos?: "Israel macht Mauerbau, SED-Ideenklau"

Er malt Schauspielern schwarze Gesichter und sagt in der U-Bahn die Mohrenstraße an. Nun singt er von Aids in Afrika und Israels Mauerbau. Ist Dieter Hallervorden ein Rassist, ein Antisemit, bloß naiv oder besonders raffiniert?

Von Fatina Keilani

Kürzlich wurde Dieter Hallervorden 80, und zum Jubeltag hat er sich selbst ein Geschenk gemacht: einen Videoclip mit Schlagersong im Stil moderner Kirchenlieder. Der Clip ist ein Hit, die Musik geht gut ins Ohr, und doch hat Hallervorden jetzt Ärger. Denn das Werk ist geprägt von einer Text-Bild-Schere, die nicht jeder versteht. Hallervorden ist der Star in seinem Film, man sieht ihn an schönen Orten, auf einem Motorboot, an der Küste, wie im Urlaub – nett, solange der Ton aus ist.

Aber halt, was singt er denn da? Eine beinharte Bestandsaufnahme der Schlechtigkeit der Welt. Wir hören mal rein: Es geht los mit „Aids beherrscht halb Afrika, Gummis sind zu teuer da“, bald folgt „Täglich Tote im Irak, Isis plant ’nen neuen Schlag, Israel macht Mauerbau, SED- Ideenklau“, dazwischen immer wieder der Refrain: „Ihr macht mir Mut in dieser Zeit, es tut einfach gut, dass Ihr hier seid.“ Lachen, tanzen, fröhliche Menschen.

Wenn man Humor hätte, könnte man den Clip sogar als lustig ansehen, er ist wirklich subversiv – der freundliche weißhaarige Opa, die lustigen Leute, aber dann der knallharte Text. Doch es sind Stellen darin, die sich für Humor nicht so eignen. Wir hören mal wieder rein: "Wenn die Börse wieder kracht, ewig bleibt die Bankenmacht, willst du'n off'nes Wort riskiern, Spekulanten kritisiern, hängt'n Shitstorm gleich an dir, magst du Netanjahu nit, bist du schnell Antisemit", dumdideldum, dumdideldei - ja, ist das nun noch in Ordnung, bloß vielleicht etwas ungeschickt, ist es wirklich antisemitisch, oder irgendwie pegidawahr? Er singt, das stehe alles in der Zeitung, und am Ende wirft er sie ins Lagerfeuer. Aber oh! Wenn ein Deutscher Druckwerke in Brand setzt, dann löst das böse Assoziationen aus. Hilft es da was, dass Hallervordens sämtliche Erlöse aus dem Song an die Flüchtlingshilfe gehen?

Instinktlos? Oder angenehm unaufgeregt?

Was haben Sie sich dabei gedacht, Herr Hallervorden? Zu gut ist noch in Erinnerung, als der Komiker und Schauspieler ("Honig im Kopf") vor einem halben Jahr in Wien den Filmpreis Romy gewann und ankündigte, diesen nun „Heim ins Reich“ zu führen. Nicht hingenuschelt, sondern ganz deutlich, als letzte Worte seiner Dankesrede, bumm. Und auch das so genannte Blackfacing - auf der Bühne seines Schlossparktheaters war ein weißer Schauspieler zu sehen, den man zum Schwarzen umgeschminkt hatte - mag ja sein, dass es seit Jahrhunderten so gemacht wird und nicht rassistisch gemeint ist, aber dieses Mittel zu wählen, obwohl gerade heiß diskutiert wird, ob Blackfacing rassistisch ist. Tja. Instinktlos? Oder angenehm unaufgeregt?

„Das Lied soll eigentlich eine Danksagung an meine Zuschauer sein“, sagte Hallervorden dem Tagesspiegel am Abend. „Ich wollte dabei die Gelegenheit nutzen, mich auch mal wieder als Satiriker zu betätigen.“ Es störe ihn, wenn er als Antisemit abgestempelt werde, nur weil er Kritik an der Politik Israels übe. „Ich werde immer für das Existenzrecht Israels eintreten, aber für das der Palästinenser eben auch“, so Hallervorden.

Im Abspann taucht als Miturheber von Text und Musik ein Isaak Herzog auf, den das Internet aber nicht kennt. Was ist das nun wieder? Wenn ein Jude an dem Ganzen beteiligt war, ist es dann in Ordnung? Oder soll es nur so aussehen, als ob? „Das ist tatsächlich ein Pseudonym“, sagt Hallervorden. „Einer der beteiligten Autoren hat sich diesen Namen ausgesucht - warum, weiß ich auch nicht.“

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