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Märchenonkel. Jacob und Wilhelm Grimm lebten 20 Jahre in Berlin. Foto: pa/dpa

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Märchentage: Berlin feiert 200 Jahre Grimms Märchen

Berlin kann sich damit rühmen, dass der allererste Märchenband von Jacob und Wilhelm Grimm hier erschienen ist. Mit den Märchentagen und einer Filmreihe wird das 200. Jubiläum der Grimmschen Sammlung gefeiert.

„In alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat“ – so beginnt „Der Froschkönig“, das erste Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. „Einen schöneren Einstieg für ein Buch kann ich mir gar nicht vorstellen“, schwärmt Silke Fischer, Direktorin der Berliner Märchentage. Und der Erfolg des Buches gibt ihr recht: In mehr als 150 Sprachen und Dialekten sind die Grimmschen Kinder- und Hausmärchen erschienen. „Die Märchensammlung ist nach der Bibel das am häufigsten übersetzte Buch der Welt“, sagt Fischer. Vor allem in Europa wird es vermutlich schwer sein, einen Erwachsenen zu finden, der in seinem Leben nicht mit einem Grimm-Märchen in Berührung gekommen ist.

Berlin kann sich damit rühmen, dass der allererste Märchenband von Jacob und Wilhelm Grimm hier erschienen ist. Am 20. Dezember 1812 veröffentlichte der Verleger Georg Andreas Reimer die Sammlung der „Kinder- und Hausmärchen“. An das 200. Jubiläum erinnern bei den diesjährigen Berliner Märchentagen zwischen dem 8. und 25. November mehr als 1200 Veranstaltungen.

Märchenliebhaber, egal welchen Alters, können innerhalb der zwei Wochen zahlreiche Theaterstücke und Lesungen besuchen. Mehr als 300 Theater, Bibliotheken, Schulen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen beteiligen sich an der Veranstaltungsreihe. Die Ausstellung „Rotkäppchen kommt aus Berlin!" in der Staatsbibliothek zeigt etwa 100 in Berlin erschienene Ausgaben der Märchen – von der Erstausgabe aus dem Jahr 1812 bis zu aktuellen Publikationen; außerdem Bücher aus der Privatbibliothek der Gebrüder Grimm sowie Märchenillustrationen von 30 Berliner Künstlern.

Die Gebrüder Grimm selbst kamen viel später als ihre Bücher nach Berlin. König Friedrich Wilhelm IV. holte die Sprachwissenschaftler 1841 in die Stadt und stellte sie als Professoren in der Humboldt-Universität ein. In einer Vortragsreihe der Universität soll unter anderem der Frage nach dem weltweiten Erfolg nachgegangen werden.

Es war einmal. Mit Märchen hat der SPD-Politiker Wolfgang Tiefensee Erfahrung: Sein Vater komponierte die Musik zum Defa-Film „Schneewittchen“. Foto: dapd

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Das Kino Babylon hat bereits begonnen, das Jubiläum zu feiern. An den Wochenenden zeigt es noch bis zum 23. Dezember gemeinsam mit dem Progress- Film-Verleih die Märchenfilmklassiker der Defa. Außerdem lesen vor den Vorführungen prominente Gäste wie Jörg Thadeusz oder der türkische Botschafter Hüseyin Karslioglu die Originalerzählung vor.

An diesem Sonntag tritt sogar ein Gast vors Publikum, der eine besondere Beziehung zu dem gezeigten Film hat. Es ist der Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee, der erst aus „Schneewittchen“ vorliest, bevor der 1961 von Regisseur Gottfried Kolditz gedrehte Film gezeigt wird. Die Filmmusik hat Siegfried Tiefensee komponiert, der Vater des SPD-Politikers.Als Kind habe er häufig Märchen vorgelesen bekommen, erzählt Tiefensee, und er rate allen Eltern, mit ihren Kindern dasselbe zu tun: „Vorlesen stellt eine enge Verbindung zwischen dem, der vorliest, und dem Zuhörer her.“ Für die Kinder sei es jedes Mal eine Freude, den tieferen Sinn der Erzählungen zu entdecken.

„Das Besondere an Märchen ist, dass diese unterschiedlich erzählt werden können“, sagt Barbara Löblein vom Progress- Film-Verleih. Es gebe doch erhebliche Unterschiede zwischen der Erzählung von vor 200 Jahren und der Verfilmung zu DDR-Zeiten. „Die Filmversion endet in der Regel für die Protagonisten harmloser“, verrät Löblein. Bei den Erzählungen der Gebrüder Grimm gehe es schon mal „etwas grausamer“ zu. So müsse beispielsweise die böse Königin im Märchen „Schneewittchen“ am Ende sterben - im Film werde sie nur davongejagt. „Auch das Frauenbild hat sich seit den Grimms weiterentwickelt“, sagt Löblein. Rotkäppchen oder Schneewittchen träten in den DDR-Verfilmungen weitaus selbstbewusster als in ihren Märchen auf.

Die Gebrüder Grimm lebten 20 Jahre in Berlin. Ihre gemeinsame Ruhestätte befindet sich auf dem St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg.

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