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Maikrawalle: Ballermann statt Kommunismus

Wieder mal ist die Hoffnung der Linken zerplatzt: Auch dieser 1. Mai hat Deutschland der Weltrevolution nicht näher gebracht, meint Frank Jansen. Die Radikalen, die in Kreuzberg, vermummt und Steine werfend, den militanten Klassenkampf beschworen, waren und sind und bleiben eine Randgruppe.

Von Frank Jansen

Wieder mal sind linksradikale Träume zerplatzt. Auch dieser 1. Mai hat Deutschland der Weltrevolution nicht näher gebracht. Die Radikalen, die in Kreuzberg, vermummt und Steine werfend, den militanten Klassenkampf beschworen, waren und sind und bleiben eine Randgruppe. Keine Massenbasis in Sicht. Vielleicht ist das auch gar nicht gewollt. Wenn der Anmelder der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ angesichts der Randale verkündet, dass „die Leute Lust auf sowas haben“, ist Ballermann deutlich näher als der Kommunismus. Bemerkenswert in Zeiten einer Wirtschaftskrise, wie sie die Bundesrepublik noch nicht erlebt hat. Der 1. Mai der radikalen Linken in Berlin und anderswo in Deutschland hatte keinen substanziellen Bezug zu den sozialen Ängsten weiter Teile der Bevölkerung. Die Autonomen und sonstigen Revolutionäre präsentierten, wie oft, nur eine destruktive Pose. Passend zur Endlosserie der Brandanschläge auf Pkw. Politik geht anders. Revolution übrigens auch.

Und es spricht nicht für die Linken, dass sie mit ihren Angriffen auf die Polizei viele der freilaufenden Biertrinker animierten, auch mal Flaschen zu werfen. Ein dumpf-proletarisches Ritual spielte sich da ab, wie schon häufig am Maifeiertag in Berlin, ob die Wirtschaft nun kriselt oder nicht. Nach diesen Krawallen besteht für die etablierte Politik kein Anlass zu Panik:  Trotz der von Gesine Schwan und anderen herbeigeraunten sozialen Unruhen war am 1. Mai nicht zu erkennen, dass die Verunsicherung vieler Bürger irgendwelchen Extremisten Zulauf beschert. Auch die Neonazis, die mit Aufmärschen in mehreren Städten für einen völkischen Sozialismus werben wollten, lockten niemanden vom Balkon. Beunruhigend ist aber die Gewalttätigkeit, die auch am 1. Mai bei Rechtsextremisten zu beobachten war – und die im vergangenen Jahr insgesamt weiter zugenommen hat. Viele Politfanatiker fühlen sich offenbar durch die Krise motiviert, auf der Straße noch härter zuzulangen.

Solch sinnlosem und gefährlichem Aktivismus ist die Polizei am 1. Mai in Berlin mit einer harten, aber durchaus effizienten Taktik begegnet. Die Rechtsextremisten konnten in Köpenick kaum auftrumpfen, die linken Gegner kamen nicht an sie heran, und am Abend in Kreuzberg gelang es den Beamten, den Krawall halbwegs einzudämmen. Im Vergleich zu früheren Jahren, als ganze Straßenzüge in die Gewalt plündernder Chaoten gerieten, verhinderte die Polizei mit ihrem Kleingruppenkonzept immer wieder, dass Randalierer einen lokalen Schwerpunkt bildeten. Die dick gepolsterten Einsatzkräfte rannten in Störerpulks rein, zogen Steinewerfer heraus und sprinteten zurück. Das ging stundenlang so, und die Frage erscheint naheliegend, ob Innensenator Ehrhart Körting nicht doch Wasserwerfer und anderes schweres Gerät hätte aufbieten sollen. Aber wahrscheinlich hätte martialisches Getöse mit Blaulichtkolonnen die Krawalle erst recht angeheizt. So ist die Bilanz glücklicherweise nur „gemischt“. Die Randale war härter als in den vergangenen Jahren, blieb aber weit hinter den Eruptionen zurück, die Berlin am 1. Mai und in der Walpurgisnacht schon erlebt hat.

Im nächsten Jahr geht es dann weiter. Vermutlich wird wieder randaliert, die krawallerprobte Polizei in Berlin dürfte allerdings taktisch noch zulegen. Eine Prognose für die Weltrevolution bleibt ziemlich schwierig.

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