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Berlin: Majestät lässt fragen

Zwanzig nach vier, Lobby des Grand-Hyatt. Xenya Cherny kommt herbei gesaust, ein bisschen schief von einem schweren Packen Papier, den sie unterm Arm trägt.

Zwanzig nach vier, Lobby des Grand-Hyatt. Xenya Cherny kommt herbei gesaust, ein bisschen schief von einem schweren Packen Papier, den sie unterm Arm trägt. Außerdem ist sie außer Atem, sie rennt schon den ganzen Tag. Drei Interviews mit einer Königin vorzubereiten ist wochenlange Schwerstarbeit. Jetzt, da die Interviews kurz bevorstehen, gleicht es einem Marathon. "Nice to see you", japst sie und läuft voraus zum Raum, in dem die Königin bald auftauchen wird. Die Kollegen von BBC und Spiegel TV bauen hier schon seit geraumer Zeit ihre Geräte auf, "setz dich mal aufs Sofa, Mädel, und spiel Königin", kommandieren sie und leuchten dann mit Gelb und Blau herum. Die Königin hat Jetlag, heißt es, das weiche Licht soll den Teint glätten.

"Her Majesty is arriving", flüstert Xenya Cherny schließlich hektisch von der Tür aus und wiederholt es sicherheitshalber, damit auch alle stramm stehen. Und dann ist plötzlich alles ganz einfach. Königin Noor von Jordanien schlendert zur Tür herein. In der hellblauen Bluse und mit den offenen, blonden Haaren wirkt die schlanke 49-Jährige sehr viel jünger, als sie ist. Dazu flache Schuhe und farblos lackierte Nägel, die Königin schätzt den pompösen Auftritt nicht. Ihre Reisemüdigkeit - vor Stunden war sie noch Sarajewo - ist nur an den leicht verschwollenen Augen zu erkennen. Noor gibt allen die Hand, lächelt. Vergessen sind die Anweisungen aus unzähligen E-Mails "bzgl. Protokoll": "Fassen Sie die Königin nicht an."

Für einen Abend war die Königin gestern in Berlin. Auf dem "Ersten Festival Internationaler Umweltfilmfestivals" sollte sie am Abend Preise überreichen. Noor ist Schirmherrin der "International Union for the Conservation of Nature", einer weltweiten Umweltschutzorganisation. Dieses Amt hat Noor seit 1988 inne. Doch ihr Engagement reicht viel weiter zurück.

Noch während ihres Architekturstudiums an der Universität von Princeton, war die Tochter einer Amerikanerin und eines Syrers Umweltschützerin, übrigens auch Bürgerrechtsbewegte und Vietnamkriegs-Protestlerin. Als sie nach dem Abschluss bei der Jordanischen Fluggesellschaft als Planungsdirektorin arbeitete, lernte sie König Hussein kennen. 1978 war Hochzeit. Anfang 1999 starb Hussein.

Seit fast drei Jahren ist Noor von Jordanien nun schon Witwe, aber das Thema ist tabu, da waren die Protokoll-E-Mails wieder sehr deutlich: "Das Gespräch darf nicht persönlich werden." Soll heißen: Nichts darüber, dass Rania, die Frau des neuen Königs Abdallah, und Noor sich angeblich gar nicht mögen, nichts darüber, dass Abdallah Noor angeblich eine Wiederheirat verbieten will. Gewagte Fragen wie nach ihrem "Ziel für 2002" versteht die Königin mit einem charmanten Lächeln falsch und entschwindet geschickt wieder Richtung Umweltschutz.

Wie sie die Krise zwischen Israelis und Palästinensern bewertet? Zögern. Politik stand ebenfalls auf dem Index. Als auf dem Tisch ein Aufnahmegerät anfängt zu klickern, macht der Bodyguard zwei sehr hastige Schritt nach vorne, auch Noor ist für eine Sekunde abgelenkt. "Wir können es uns nicht leisten, uns gegenseitig arrogant zu missachten", sagt sie schließlich. "Wir haben zu viele gemeinsame Probleme, zum Beispiel die raren Wasserressourcen, als dass es möglich wäre, unsere von denen der Nachbarn zu trennen."

Bleibt Berlin. Ein unverfängliches Thema. Noor war seit 1978 schon oft hier. Seit der Wiedervereinigung habe sie oft und mit Stolz auf das zusammenwachsende Berlin geblickt. "Davon kann meine Region viel lernen ", sagt sie. Diesmal wird sie von der Stadt nicht viel sehen. Heute morgen sitzt sie, noch müder, wieder im Flieger. Diesmal gen Pakistan.

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