zum Hauptinhalt

Berlin: Maron, Thierse und Stölzl über die deutsch-deutsche Befindlichkeit

Das Thema des Abends, vom Moderator Gerhard Rein als "die schlechte Laune der Nation" salopp umschrieben, zieht noch immer. Oder waren es die Kombattanten, die trotz bekannter Standpunkte so viele Zuhörerins Foyer der Akademie der Künste lockten?

Das Thema des Abends, vom Moderator Gerhard Rein als "die schlechte Laune der Nation" salopp umschrieben, zieht noch immer. Oder waren es die Kombattanten, die trotz bekannter Standpunkte so viele Zuhörerins Foyer der Akademie der Künste lockten? Der Abend unter der plakativen Überschrift "Geeintes Land - gespaltene Kultur" bildete den Auftakt zu einer von der Akademie in Zusammenarbeit mit SWR 2 veranstalteten Gesprächsreihe. Auf dem Podium Monika Maron, die nicht aufhört, sich über den wohlig kleinbürgerlichen Gestus ihrer ehemaligen DDR-Mitbürger zu erzürnen; Wolfgang Thierse, der nicht müde wird, die Ostdeutschen gegen die in seinen Augen denunziatorischen westlichen Beurteilungen in Schutz zu nehmen, die nur dazu dienten, Trotz zu erzeugen. Dass er dabei leicht als Apologet der DDR missverstanden werde, sei er gewohnt. Schließlich Christoph Stölzl, weltmännisch distanziert und mit dem Quantum Ironie, das ihn ebenso Bewunderung zollen lässt gegenüber der "Schlauheit" der Ostler im Umgang mit den Techniken des Überlebens in der Verteilergesellschaft, wie Dank als "nicht geschädigter Westmensch", dass diese Revolution stattfand.

Er gibt zu bedenken, dass, etwa aus der Entfernung von Texas, der Unterschied zwischen den beiden Deutschlands auf ein Minimum zusammenschrumpfe. Und fanden nicht gerade im kulturellen Bereich stets Überschneidungen zwischen Ost und West statt? Maler wie Tübke und Penck, Richter und Baselitz seien heute die höchst dotierten deutschen Künstler. Denn es gab ja, abgesehen von der "Verwahrlosung" der Städte (Maron), der "Verluderung" der Umgangsformen (Thierse) in der DDR eine lebendige Kulturlandschaft. Und sie war, worauf Thierse wiederholt hinweist, nicht allein in der Dissidentenszene zu finden.

Die Mauer in den Köpfen muss immer wieder herhalten, wenn es um Befindlichkeiten im Verhältnis zwischen Ost und West geht. Thierse appelliert an ein differenziertes Umgehen miteinander, um sie abzubauen. Maron findet es so schlimm nicht, "wenn sich nicht alle gut finden", ein landläufiges soziologisches Phänomen, denkt man etwa an das oft schwierige Verhältnis zwischen Bauern und Städtern. Schließlich sei Österreich, so Stölzl, Musil zitierend, nur durch die "natürliche Abneigung jedes gegen jeden zusammengehalten" worden.Eine Aufzeichnung des SWR2-Gesprächs wird am 28. Oktober um 17.05 Uhr auf 107,85 im Berliner Kabel gesendet.

C.S.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false