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Immer feste druff. Für die Teilnehmer war die Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke (hier ein Archivbild) jedesmal ein Heidenspaß. Foto: pa/dpa

© AFP

Berlin: Matsch am Ohr

Für die traditionelle Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke fehlt mal wieder das Geld. Spenden sollen das Aufräumen danach sichern. Funktioniert hat das freilich schon im Vorjahr nicht.

Wann genau die erste Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke stattfand, weiß niemand mehr so genau. Wahrscheinlich 1998. Damals als Ausdruck des Protests gegen die geplante Zusammenlegung von Ost- und West-Bezirk ins Leben gerufen, wurde das ironische Kräftemessen nach der Zwangsheirat von Friedrichshain und Kreuzberg 2001 zu einem Dauerbrenner in der dortigen links-alternativen Szene. Doch dann brachen schwere Zeiten an. Der Bezirk hatte keine Lust mehr, auf den Reinigungskosten sitzen zu bleiben, und die Gemüseschlacht galt nicht länger als Demo. Seitdem muss der Veranstalter für die Kosten aufkommen – im Voraus. In den vergangenen Jahren fiel die Wasserschlacht deshalb immer wieder, nun ja, ins Wasser. Die Überreste nach dem Gemüsegemetzel kratzen sich schließlich nicht alleine von der Straße.

Doch in diesem Jahr setzt Benjamin Richter von der Wasser Armee Friedrichshain, kurz WAF, auf Crowdfunding und hofft auf Spenden. Auf der Kampagnen-Webseite wird die Wasserschlacht als „eines der traditionellen Gewaltrituale der Region“, gepriesen. Tatsächlich lockte das Spektakel Jahr für Jahr auch viele Touristen an, die sich unter die Einheimischen mischen. Mit Regenmantel, Fahrradhelmen, Taucherbrille oder Plastikschild gerüstet und mit Schaumstoffschlägern, Wasserbomben und matschigem Gemüse bewaffnet ziehen die Wasserkrieger in die Schlacht. Das Ziel ist, den Gegner von der Brücke zu drängen.

Dass Friedrichshain die Zeche bezahlt, dürfte den Kreuzbergern jedes Jahr ein Trost sein. Schließlich haben die im Kampf meist das Nachsehen. Nur einmal in der Geschichte der Wasserschlacht gelang es den Kreuzbergern, den Gegner zurückzudrängen – 2011, als die Schlacht wegen Sicherheitsbedenken der Veranstalter kurzfristig abgesagt wurde, aber dann doch stattfand. Sonst waren die Friedrichshainer immer in der Überzahl und besser organisiert. In Kreuzberg sei die Szene traditionell autonomer, sagt Richter. Jedoch überzeugten die Kreuzberger stets mit taktischer Raffinesse, muss er zugeben. „Die Kreuzberger sind standhaft. Das hat was von Sparta.“

1900 Euro muss der Friedrichshainer sammeln, damit die Schlacht stattfinden kann. Richter würde zwar lieber Freiwillige zum Putzen auf die Brücke schicken, aber das zu organisieren, sei schwer. Deshalb holt er sich nun doch professionelle Hilfe. Und weil die Wasserschlacht-Veranstalter fast schon zur Stammkundschaft gehören, gewährte die Entsorgungsfirma Alba sogar einen Rabatt.

Früher sei er kein Freund der Gemüseschlacht gewesen, gesteht Richter. Mit Lebensmitteln um sich zu werfen, während anderswo gehungert wird, sei gegen seine Überzeugung. Sein Aufruf an die Teilnehmer lautet deshalb: Bitte nur verdorbene Lebensmittel. Doch nicht nur als Veranstalter will Richter „den Kopf hinhalten“. Auch bei der Schlacht will er sich zwischen die Fronten begeben – verkleidet als UN-Blauhelm. Seine „UN-Waffeninspektoren“ sollen dafür sorgen, dass sich alle an die Spielregeln halten. Nur weiches Gemüse ist zugelassen. Kartoffeln müssen vorher gekocht werden.

Die Crowdfunding-Kampagne endet am 3. September. Der Termin für die Schlacht steht aber noch nicht fest. Im Aufruf-Video wird zwar ein Datum genannt – aber das sei der Termin vom Vorjahr gewesen, klärt Richter auf. Schon damals habe man es mit dem Crowdfunding versucht – ohne Erfolg. Auch in diesem Jahr spülte die Aktion bisher nur Kleinstbeträge an. „Die Klientel ist nicht sehr wohlhabend“, so Richter.

Hauke Stiewe, Wasserschlacht-Veteran und früherer Veranstalter, hat sich aus der Organisation zurückgezogen. Er will sich stärker seinem Friedrichshainer Club „Lovelite“ widmen. Doch am Tag der Wasserschlacht, wenn sie denn kommt, wird er wieder mit von der Partie sein. Richter ist froh darüber. Stiewe sei einer, auf den die Leute hören. „Er ist der, der alle beruhigt und am Ende nach Hause schickt.“

Spenden unter: www.inkubato.com/de/projekte/schlacht013

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