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Innensenator Frank Henkel plant ein Musterbürgeramt für Berlin.

© Doris Spiekermann-Klaas

Matthies meint: Guten Tag, Herr Musterbürger!

Hat überhaupt schon jemand endgültig festgelegt, wo beim "Musterbürgeramt" des Berliner Innensenators der Bindestrich zu setzen wäre? Muster-Bürgeramt? Oder Musterbürger-Amt? Eine Glosse.

Ob’s für das Wort des Jahres reicht? Unser Innensenator will uns ein „Musterbürgeramt“ schenken, um den Dödeln in den Bezirken mal zu zeigen, wie eine perfekt geschmierte Verwaltung funktioniert: Kunden, denen der Oberinspektor wie ein Hotel-Concierge jeden Wunsch von den Augen abliest, noch bevor er richtig ausgesprochen wurde, Formulare, die sich praktisch von selbst ausfüllen, und das alles mit Terminen für einfache Fälle wie in der gut organisierten Autowerkstatt, Ölwechsel und Bremsen sofort.

Bevor nun aber Milch und Honig über den geordneten Verwaltungsvollzug fließen, wollen wir lieber noch mal nachgefragt haben. Hat denn überhaupt schon jemand endgültig festgelegt, wo in diesem Wort der Bindestrich zu setzen wäre? Muster-Bürgeramt? Oder Musterbürger-Amt?

Wenn der Musterbürger noch astrein berlinern kann - umso besser

Das Musterbürger-Amt wäre natürlich viel einfacher zu realisieren, ungefähr so wie die Business-Class beim Fliegen. Es ist nur dem Musterbürger zugänglich, der sich durch irgendwas zu qualifizieren hätte. In Betracht käme ein Mindestbetrag bei der Einkommensteuer, sagen wir: 50 000 Euro. Punkte könnte sodann ein soziales Engagement bringen, gut wäre ein lückenloser Stammbaum mit Ansiedlung im Berliner Raum über fünf Generationen; den echten Berliner Musterbürger zeichnen natürlich auch qualifizierte Bildungsabschlüsse aus und ein lupenreines polizeiliches Führungszeugnis. Und wenn er noch astrein berlinern kann – umso besser.

Zugegeben: Man möchte so einen eigentlich nicht am Gartenzaun haben, aber auf Henkels Musterbürger-Amt wäre er der Star. Guten Tag, Herr Musterbürger, es ist schön, Sie hier mal wieder zu sehen, darf es vielleicht ein Cappuccino sein? Ich sehe grad, Ihr Reisepass läuft nächstes Jahr ab, wir wäre es denn mit einer Premium-Verlängerung? Mit 50-Euro-Gutschein fürs Sterne-Restaurant?

Aber es ist unwahrscheinlich, dass Henkel das so gemeint hat. Also müssen wir übers Muster-Bürgeramt reden, mit dem das Land alles besser machen will als die Bezirke. Kann klappen. Aber wer darf da nun rein? Muss sich der Bürger den Zugang draußen in den Bezirken ersitzen wie ein Abiturient die Zulassung zum Medizinstudium? Erhebt es für seine Dienste eine abschreckende Luxusgebühr? Denn wenn es einfach nur besser ist als die anderen, dann rennen alle Bürger hin, und schon ist es nicht mehr besser – das kann nicht der Weg sein.

Ach, wann sind gleich Wahlen? Im September? Bis dahin gibt es mit Sicherheit kein Muster-Bürgeramt. Und ein Musterbürger-Amt erst recht nicht.

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