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Berlin: Medienstandort Berlin: Noch immer viel Platz für Investoren

Die Zukunft des DDR-Rundfunkareals an der Nalepastraße ist offen

Ein Untersuchungsausschuss kam so kurz vor der Wahl nicht mehr infrage – also beantragten die Oppositionsfraktionen von CDU, FPD und Grünen zumindest eine Sondersitzung des Medienausschusses im Abgeordnetenhaus. Sie soll insbesondere die Rolle Berlins bei dem umstrittenen Verkauf des DDR-Rundfunkgeländes klären. Das mehr als 13 Hektar große Areal mit den denkmalgeschützten und teils vermieteten Gebäuden war Ende 2005 an eine Baumaschinenvermietung aus Sachsen-Anhalt verkauft worden, die es teilte und mit Millionengewinn versteigern ließ. Der Senat hatte sich stets als machtlos dargestellt: Berlin habe nur einen kleinen Anteil an dem Objekt gehabt, das den neuen Ländern gemeinsam gehörte, hieß es.

FDP und Grüne haben vorab Fragenkataloge eingereicht. Sie wollen vor allem wissen, was der Senat in den 14 Jahren zwischen der Abwicklung des DDRRundfunks und dem fragwürdigen Verkauf mit dem Gelände unternommen hat – und ob er den von Sachsen-Anhalt ausgehandelten Verkaufsvertrag akzeptiert hat, der weder eine Spekulationsfrist noch verbindliche Auflagen enthält.

So dürfte es in der Sondersitzung, zu der auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei/PDS) und sein Finanzkollege Thilo Sarrazin (SPD) erwartet werden, viel Kritik geben (siehe nebenstehendes Interview). Und Zwangsoptimismus, damit das von der Politik gezeichnete Bild Berlins als Medienhauptstadt halbwegs intakt bleibt. Selbst wenn das DDR-Rundfunkgelände jetzt Privaten gehört, können Land und Bezirk planungsrechtlich weiter Einfluss nehmen.

Für das 1951 bis 1956 errichtete Areal an der Nalepastraße im Köpenicker Ortsteil Oberschöneweide ist also zu klären: Besitzt etwas Zukunft, nur weil es Vergangenheit hat? Beispiele gibt es. Schon wenige Kilometer Luftlinie entfernt steht „Adlershof, der bedeutendste Medienstandort Berlins“, wie Entwickler Peter Strunk sagt. Dieses 1952 eröffnete Fernsehzentrum der DDR entwickelt sich erfolgreich. Hier entsteht die Sat1-Telenovela „Verliebt in Berlin“, hier arbeiten das MDR-Fernsehballett, die Sandmännchen GmbH, hier haben Technikverleiher, Toningenieure und Synchronspezialisten ihre Ateliers. „Bis Herbst 2007 bauen wir für acht Millionen Euro eine neue Produktionshalle“, sagt Peter Brüggemann, Chef des Kulissenbauers ideea.

Eine Renaissance als Medienstandort erlebt auch der Hausvogteiplatz in Mitte. Einst Zentrale jüdischer Textilhändler, siedelt hier nun die Pro Sieben Sat1-Media AG mit N 24 und Kabel 1. Nebenan sitzen der Leo-Baeck-Bookshop, der Mosse-Verlag, die „Jüdische Illustrierte“ und die „Jüdische Allgemeine“. Wenige Querstraßen entfernt befindet sich das Springer-Hochhaus mit der 2004 fertig gestellten Axel-Springer-Passage, in der sich Redaktionen des Burdaverlages angesiedelt haben. Trotzdem gibt es noch Tausende Quadratmeter freie Flächen. Etablierte Konkurrenz ist das Haus der Presse am Alexanderplatz, unter anderem mit der „Berliner Zeitung“.

Auch die traditionsreichen Filmzentren suchen potente Nutzer. Dazu gehören die Tempelhofer Ufa-Studios, wo unter anderem das ZDF produziert. Ein Jahr vor Gründung des Tempelhofer Studios, 1912, wuchs die große Schwester Babelsberg aus dem märkischen Boden. Trotz reger Nutzung durch RBB, Filmhochschule, Trick-Center, Filmpark, Rundfunkarchiv und erweiterter Studios sind neue Macher dringend willkommen.

Mitbewerber sitzen mit den CCC-Studios in Spandau. Aus Artur Brauners Hallen kommt die RTL-Serie im „Namen des Gesetzes“, das ZDF filmt gerade „Dauerdienst“. Ein Studio steht leer.

Das historische Synchronstudio Johannisthal in Treptow harrt seiner Wiederbelebung. Seit der Kirch-Pleite 2004 wird hier nicht mehr synchronisiert, aber Spezialräume dafür stünden weiter zur Verfügung, sagt Verwalter Gerhard Englert.

Attraktiver gelegen ist der Osthafen. Der Universal-Konzern sitzt hier seit 2002, MTV seit 2004. „Bis Juli 2007 entsteht ein neues Verwaltungsgebäude für MTV“, sagt Hafenchef Peter Stäblein.

Und nun noch die Nalepastraße flussabwärts. „Das wird eine Medienstadt“, sagt Klaus-Peter Beyer, Intendant des hier ansässigen Deutschen Filmorchesters Babelsberg. „Sie ist nicht nur als Motivpark für Filme ausbaufähig. Auch der Sendesaal 1 mit seiner unübertroffenen Akustik sollte für alle Berliner Klangkörper Treffpunkt sein.“ Beyer nennt seine Idee „Orchesterhaus“. Die internationalen Investoren der Firma Keshet, die das Kerngelände im Juli ersteigert hat, äußerten sich offen für solche Vorschläge.

Der benachbarte, ebenfalls denkmalgeschützte Büroturm könne Appartements für Medienmenschen bieten. Weiter stellt Beyer sich ein Campusgelände für die musischen Schulen Berlins vor. Volker Heinz, Anwalt des neuen Eigentümers Keshet, ist nüchterner: „Der Wille für ein Medienzentrum ist da. Existiert aber keine Nachfrage, schauen wir nach anderen Mietergruppen.“ ddp/obs

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