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Berlin: Mehrheit für Ritual der Reinlichkeit Pro & Contra: Anrufer wollen die Kehrwoche

Viele Berliner wollen vor der eigenen Haustür kehren. Bei der Pro-und-Contra-Umfrage vom letzten Wochenende sprach sich eine knappe Mehrheit (52,1 Prozent) der Anrufer für die Einführung der „Kehrwoche“ aus.

Viele Berliner wollen vor der eigenen Haustür kehren. Bei der Pro-und-Contra-Umfrage vom letzten Wochenende sprach sich eine knappe Mehrheit (52,1 Prozent) der Anrufer für die Einführung der „Kehrwoche“ aus. In Baden-Württemberg und anderen Landesteilen gehört sie zur Hausordnung. Jeder Mieter muss einmal in der Woche vor der Wohnungstür und bis zu nächsten Etage hinab putzen.

Was der Regierende Bürgermeister zur Putzbereitschaft der Berliner sagt, blieb gestern sein Geheimnis, eine Anfrage erfolglos. Das ist bei seinem Arbeitsaufwand verständlich. Zum Kehren vor seiner Haustür am Ku’damm hätte Klaus Wowereit wohl keine Zeit. Senatssprecher Michael Donnermeyer versicherte aber, seinem Chef liege die Sauberkeit der Stadt und bürgerschaftliches Engagement am Herzen. Weil eine Kehrwoche Feinstaub aufwirbelt, sollte die Verkehrs- und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg-Junge Reyer dazu etwas sagen.

Aber auch sie war gestern zu beschäftigt, um sich zu äußern. Bernd Müller, der Sprecher der Stadtreinigungsbetriebe (BSR), stellte erst einmal klar, dass die BSR zuständig für Sauberkeit ist. Mehr Verantwortungsgefühl für die Stadt müsste aber zu Hause anfangen. Das sollte wiederum nicht als Votum für die Kehrwoche verstanden werden. Dieter Blümmel, Sprecher der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine, äußerte sich klar ablehnend: „In Berlin ist das nicht zu machen“.

Die Mentalität sei anders. Im Schwäbischen gebe es viele Ein- und Zweifamilienhäuser, die Situation ließe sich mit einer Großstadt wie Berlin nicht vergleichen. Hier gebe es um die Zuständigkeiten bestimmt gleich Krach. Es sei vernünftiger, Hauswarte sorgten für die Reinigung oder auch „Nebenhauswarte“, speziell beauftragte Mieter. Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, hielt ebenfalls nichts von der Kehrwoche. Dagegen sprächen die anderen Lebensverhältnisse in Berlin: die Anonymität, die vielen, tagsüber beschäftigten Singles, die älteren und kranken Menschen, die gar nicht regelmäßig putzen könnten. Auch die Qualität des Putzens könne unterschiedlich sein, wie sollten die Sanktionen bis zur Kündigung aussehen? Letztlich müssten viele Mieter oder Wohnungseigentümer wieder eine Reinigungsfirma beauftragen. Durchs Selberputzen könnten aber die „kalten“ Betriebskosten der Miete um zehn Prozent gesenkt werden, rechnete Vetter aus.

Karl Hennig, der Vorsitzende des Anti-Graffiti-Vereins Nofitti, sprach sich gestern für die Kehrwoche aus. Man brauche in der Stadt eine Form der ritualisierten Reinigung, früher sei es selbstverständlich gewesen, dass die Geschäftsleute vor ihrem eigenen Laden kehrten. Das Gefühl für Sauberkeit müsse sich im Bewusstsein verankern. Die Stadt könne nur so sauber sein, wie die Bürger es wirklich wollten.

Christian van Lessen

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