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Berlin: Migranten wollen nicht Lehrer werden

Türkische Abiturienten studieren lieber Medizin

Lehrer mit Migrantenhintergrund sind so selten wie Krokusse in diesem Frühling. Dass das ein großer Mangel ist, hat auch Schulsenator Klaus Böger (SPD) erkannt. Deshalb wirbt er am Ende jedes Schuljahres unter den türkisch-deutschen Abiturienten dafür, dass sie doch bitte ein Lehramtsstudium beginnen sollen. Er würde sie sogar bevorzugt einstellen. Aber vergangenes Jahr haben nur zwölf Prozent der Jugendlichen aus Migrantenfamilien Abitur gemacht. Meistens studieren danach nur die Jungen, am liebsten Medizin oder Jura – Fächer, die bessere Aufstiegsmöglichkeiten versprechen als das Lehramt. So entscheiden sich in Berlin pro Jahrgang nur fünf oder sechs Abiturienten aus türkischen und arabischen Elternhäusern für ein Lehramtsstudium. An allen Problemschulen, die in letzter Zeit im Gespräch waren, gibt es keinen einzigen Lehrer, der mit den Schülern in ihrer Sprache sprechen kann, ihre Traditionen versteht und einen Zugang zu den Eltern hat, sagt Sanem Kleff, Islam-Expertin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Das ist natürlich eine Katastrophe und wird sich nicht von heute auf morgen ändern lassen.“

Ende der 70er Jahre wurden rund 250 mehr oder weniger deutschsprachige Lehrer aus der Türkei an Berliner Schulen geholt, um an 14 Grundschulen zweisprachigen Unterricht durchzuführen. Von ihnen sind noch 50, 60 in den Schulen und stehen kurz vor der Rente. Obwohl man gute Erfahrungen gemacht hat, sei eine solche Einstellungswelle aus Kostengründen nicht wiederholt worden, sagt Turgut Hüner vom Türkischen Elternverein. „Man dachte eben, das Sprachproblem der türkischen Schüler erledige sich von selbst“, sagt Sanem Kleff. Man könnte doch auch jetzt Lehrer aus der Türkei anwerben, sagt Hüner, es gebe etliche, die in Deutschland aufgewachsen und in die Türkei zurückgegangen seien.

Wenn es schon nicht genügend Lehrer aus Migrantenfamilien gibt, müssten wenigstens die deutschen Lehrer in interkultureller Kommunikation ausgebildet werden und lernen, wie man Konflikte schlichtet, sagt Eren Ünsal, Sprecherin des Türkischen Bundes. Auch müssten die Eltern in die Verantwortung genommen werden. „Aber auch wir kommen an Eltern einer bestimmten Schicht nicht heran“, sagt Ünsal. Das gelte auch für deutsche Familien. Es gebe aber Projekte, etwa an der Moabiter Hedwig-Dohm-Oberschule, bei denen „Elternlotsen“ die richtige Sprache fänden. clk/C.v.L.

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