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Berlin: Mit dem Handy ein Restaurant suchen

Unternehmen wie Gate 5 oder Condat entwickeln neueste Navigationssoftware

Wenn man Gate 5 besucht, fühlt man sich in die Blütezeit der New Economy zurückversetzt. Die Büroräume in einem ehemaligen Fabrikgebäude an der Schönhauser Allee rufen die Bilder von Start- ups aus den Tagen des Internetbooms vor der Jahrtausendwende wach. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter ist knapp über 30, die Küchenzeile in der Ecke lässt WG-Atmosphäre aufkommen. Auf den im Raum verteilten Laptops entwickeln die Beschäftigten von Gate 5 Navigationssoftware für Autos und Handys.

„Würden wir aus Prenzlauer Berg wegziehen, würden wir die Hälfte unserer Mitarbeiter verlieren“, sagt Unternehmenschef Michael Halbherr. Die Kollegen wohnen in der Nachbarschaft. Auch die Geschäftspartner sind von dem Stadtteil angetan: „Besucher finden es beeindruckend, wenn wir da draußen im Hinterhof sitzen“, berichtet Halbherr.

Das Image des Szene-Stadtteils ist nicht der einzige Vorteil, den Berlin Gate 5 bietet. Denn die 1999 gegründete Firma bewegt sich in der Schnittmenge zwischen Verkehrstechnik und Informationstechnologie – und in diesen Bereichen ist Berlin durchaus führend. So kann Gate 5 von Kontakten zu anderen Betrieben in der Hauptstadt profitieren, die auf diesen Gebieten tätig sind.

Der Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Christoph Lang, bestätigt das: „Gerade für forschungsorientierte junge Unternehmen ist es wichtig, die Szene zu haben.“ Die Szene – damit meint Lang ähnliche Unternehmen, die in räumlicher Nähe siedeln. Verkehrstechnik und IT sind zwei Kompetenzfelder, die der Berliner Senat für besonders zukunftsträchtig hält und von denen er sich Wirtschaftswachstum und Beschäftigung erhofft (siehe Kasten).

Gate-5-Chef Halbherr möchte seine Navigationssoftware als Plattform für zusätzliche Dienste verwenden. So macht die Software „Smart 2 Go“ ein Mobiltelefon zu einem wahren Navigationsgerät, indem beispielsweise geographische Orientierung mit örtlichen Informationen verknüpft wird. Die Nutzer können zum Beispiel ihren Freunden per Funk die Koordinaten ihres Aufenthaltsorts mitteilen. Oder man kann ein Restaurant als Treffpunkt vorschlagen; es wird dann auf einer Karte angezeigt.

Die neue, ab März erhältliche Version kann auch Wetterinformationen anzeigen. Die wichtigsten Inhalte sind für Halbherr aber Stadtführer mit Ausgehtipps und Hotelempfehlungen. Die Nutzer können sie sich in der neuen Version direkt aufs Handy herunterladen. Sie kosten acht bis 16 Euro. „Damit macht UMTS richtig Sinn“, meint Marketingchef Andreas Hoffmann. Alle Touristeninfos sind in das Kartenmaterial integriert. Der Nutzer kann sich nicht nur zum Hotel navigieren lassen, sondern auch mit einem Tastendruck dort anrufen.

70 Mitarbeiter hat Gate 5, die meisten am Hauptsitz in Prenzlauer Berg. „Wir haben ein kleines Team im Vergleich zur Konkurrenz, aber extrem gut qualifiziert“, sagt Halbherr. Tätigkeiten nach Ungarn oder Indien auszulagern, kommt für ihn nicht in Frage, weil das Personal dort nicht ausreichend qualifiziert sei.

„Die Technologie von Gate 5 wird im Markt als sehr leistungsfähig angesehen“, berichtet Halbherr beim Vorführen seiner Navigationssoftware auf einem Handydisplay. „Sie werden bei keinem Konkurrenten eine Karte finden, die Sie so bewegen können.“ Tatsächlich: Wie bei einem Flugzeug im Sinkflug wechselt die Ansicht aus der Vogelperspektive gleitend in eine dreidimensionale Betrachtung, bei der die vorderen Straßen breit und mit Namen versehen sind und die weiter entfernten nur noch dünne Striche.

Um sich auszutauschen, nutzt Gate 5 die Nähe zu ähnlichen Berliner Unternehmen. Zum Beispiel Condat. Die Firma bietet Unternehmen Lösungen, mit denen sie den Kontakt zu ihren Außendienstmitarbeitern halten. „Wir haben schon mit Gate 5 gesprochen und gemeinsame Projekte überlegt“, berichtet Condat-Vorstand Stefan Wiesner. Auch sein Unternehmen profitiert von den Berliner Kompetenzfeldern: „Wir sind genau in der Schnittmenge von Verkehrstechnik und IT“, bestätigt Wiesner.

Condats mobile Lösung zum Servicemanagement ist beispielsweise bei der Gasag im Einsatz. Der Berliner Gasversorger dirigiert so seinen Entstörungsdienst. Die Software „Neue Zentrale Meldestelle“ unterstützt die gesamten Abläufe der Entstörung. Die Mitarbeiter in der Zentrale haben eine Karte auf ihren Bildschirmen, auf der Rohrnetz, Einsatzorte und aktuelle Fahrzeugpositionen verzeichnet sind. Das System leitet den passenden Techniker dann auf schnellstem Weg zum Einsatzort.

Die Kommunikation zwischen Außendienst und Zentrale läuft auch in umgekehrter Richtung: Wenn die Entstörungskräfte einen Auftrag erledigt haben, füllen sie den „elektronischen Einsatzbogen“ auf dem Bordcomputer ihres Fahrzeugs aus. Die Angaben zu Störungsursache, verbrauchten Materialien und benötigter Arbeitszeit funkt der Computer direkt an die Zentrale.

Das System, das die 110 Mitarbeiter der 2002 von Texas Instruments übernommenen Firma entwickelt haben, überzeugt auch die Deutsche Bahn. Sie hält damit den Kontakt zu ihren 2000 Technikern, wenn sie unterwegs sind, berichtet Condat-Vorstand Wiesner. „Das System vermeidet Leerfahrten und bringt die Fahrzeuge auf bessere Routen.“ Damit leistet Condat sogar einen Beitrag zum Umweltschutz: Schließlich reduziert sich so der Schadstoffausstoß.

Friedrich Geiger

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