zum Hauptinhalt

Berlin: Mit Kraft in den Wahlkampf

SPD-Parteitag zur Industriepolitik und Rekommunalisierung. Ehrengast ist die NRW-Länderchefin

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein starker Staat, eine starke Wirtschaft, eine starke Sozialdemokratie. Das ist die Botschaft, die ein SPD-Landesparteitag am heutigen Sonnabend ausstrahlen soll. Kein Streit und keine Abstimmungen, die Zerrissenheit oder Ziellosigkeit zeigen. In zahllosen Gremiensitzungen hat die SPD-Führung erreicht, dass die Delegierten im Seminaris Campus Hotel in Berlin-Dahlem einigermaßen auf einer Wellenlänge schwingen. „Ich erwarte keine großen Kontroversen“, sagt SPD-Landeschef Michael Müller.

Stattdessen soll Vize-Parteichefin Hannelore Kraft, die Nordrhein-Westfalen mit einer rot-grünen Minderheit regiert, die Berliner Genossen zehn Monate vor der Abgeordnetenhauswahl in kämpferische Stimmung versetzen. „Die Frau hat Power“, schwärmt Müller. Danach wird der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eine lange Rede halten. Das macht er nicht oft. Aber bis zur Wahl am 18. September 2011 wird Wowereit keine Gelegenheit mehr auslassen, kräftige Signale der Politik- und Regierungsfähigkeit auszusenden und Präsenz zu zeigen.

Das eine Thema des Parteitags: Eine moderne Industriepolitik für Berlin und der Umgang mit den öffentlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge. Der wirtschaftspolitische Leitantrag ist völlig unstrittig und beginnt mit der These, dass die SPD immer dann besonders erfolgreich sei, „wenn es Vertrauen in ihre ökonomische Kompetenz gibt und diese glaubwürdig mit sozialer Gerechtigkeit verbunden wird“. Leider werde Berlin außerhalb der Stadtgrenzen kaum als Industriestandort wahrgenommen, heißt es im Antrag. Künftige Marketingstrategien für Berlin dürften sich nicht allein damit begnügen, ein „Lebensgefühl zu vermitteln“. Der Service für Unternehmen müsse gestärkt und die Rahmenbedingungen für die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft verbessert werden.

Das andere Thema des Parteitags: die Rekommunalisierung von Versorgungsleistungen und Unternehmen, die zwischenzeitlich privatisiert wurden. Der Rückkauf der Anteile an den Wasserbetrieben, die 1999 an RWE und Veolia veräußert wurden, findet als strategisches Ziel in der SPD große Unterstützung. Auch die Anträge des Kreisverbands Pankow, einen kommunalen Energieversorger („Berlin Energie“) zu gründen und die Gas-, Strom- und Wärmenetze unter kommunale Kontrolle zu bringen, sind mehrheitsfähig, aber im Detail strittig.

Ein bisschen wird auf dem Parteitag also doch diskutiert. Das Auslaufen der Konzessionsverträge mit der Gasag (2013) und Vattenfall (2014) böte Gelegenheit zur Übernahme der Netze, die neu ausgeschrieben oder von einer landeseigenen Gesellschaft, eventuell in Zusammenarbeit mit kommunalen oder privaten Partnern, weiterbetrieben werden könnten. „Wir wollen das offen formulieren“, sagt Müller. Ulrich Zawatka-Gerlach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false