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Berlin: Mit Möhren ins Rampenlicht

Im Volksbühnen-Stück „Der Marterpfahl“ spielt ein Pferd mit.FürGemüse tut Charly alles

Wäre es ein Affe oder eine Schlange, er könnte die Aufregung ja verstehen. Aber ein Pferd auf der Bühne? „Das ist doch stinknormal“, findet der Requisiteur. Schon in vielen Volksbühnen-Inszenierung hätten Pferde mitgespielt, wie jetzt eben auch in Frank Castorfs Wildwest-Stück „Der Marterpfahl“. Das Pferd auf der Bühne heißt Charly. Und wenn man Inga Snelsire, der Besitzerin des Pferdes, glauben darf, kennt Charly kein Lampenfieber.

Charly ist ein bisschen dicker als andere Reitpferde, aber er ist auch ein bisschen ruhiger und gutmütiger als die anderen. Selbst ein plötzlich aufgespannter Regenschirm bringt ihn nicht aus der Fassung, was die meisten Pferde erschrecken würde. „Charly ist ein gemütliches, heiß geliebtes Dickerchen“, sagt Snelsire. Einer der Lieblinge auf dem Reiterhof Preußenhof an der Staakener Straße in Spandau ist Charly auch. Es kann lediglich vorkommen, dass Charly, zwölf Zentner schwer, in seiner Gemütlichkeit einem Menschen aufs Bein steigt. So ein Tritt mag schmerzen, aber Charly meint das nicht böse, sagt Snelsire. Ist auch schon in der Volksbühne passiert.

Fünf Proben gab es, bei denen der (nicht eben schlanke) Schauspieler das Aufsitzen und die Reitschritte üben konnte. Charly konnte sich an den dunklen Zuschauerraum, das helle Bühnenlicht und den Applaus gewöhnen. Um Charly auf die Bühne zu locken, braucht es nicht mehr als Äpfel und Möhren. „Dafür macht er alles“, sagt Inga Snelsire. Und davon bekommt er reichlich. „Bei der Volksbühne verwöhnen sie ihn alle sehr.“ Bis kurz vor seinem Auftritt bleibt Charly im Autoanhänger. Hinter der Bühne befindet sich ein Lift, der den Wagen auf die Höhe der Bühne bringt. Dann muss Charly nur noch ins Rampenlicht treten. Bei jedem Auftritt ist jemand vom Hof mit auf der Bühne: an der Seite im Dunkeln. Die Zuschauer sehen Charlys Begleitung nicht.

Es ist tatsächlich nicht das erste Mal, dass die Familie Snelsire eines ihrer Pferde auf eine Theaterbühne befördert. Ihr Schimmelwallach Abenderle hatte ein kurzes Statisten-Engagement an der Deutschen Oper. Auch Charlys Stallkumpan Ramiro gastierte schon auf der Volksbühne.

„Der Marterpfahl“ ist wieder zu sehen am Sonntag, 27.2., 19.30 Uhr, Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte. Die Karten kosten zwischen 10 und 30 Euro.

Christian Böhm

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