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Berlin: „Mit Zwang kann man keine Schule reformieren“

Bildungssenator Klaus Böger (SPD) über gute Beispiele, eine verlängerte Vorschulzeit und die Verbeamtung von Lehrern

Wenn man sieht, dass es viele erfolgreiche Schulen gibt, fragt man sich: Warum arbeiten nicht alle so? Scheitert es am Geld?

Nein, es scheitert nicht am Geld. Das Engagement von Lehrern, Eltern und Schülern ist ausschlaggebend, um in der Schule die Dinge voranzubringen.

Aber dennoch sind doch Schulen wie „Erika-Mann“ teurer, weil sie größeren Personalaufwand haben. Können wir es uns leisten, alle Brennpunktschulen so auszustatten?

Schulen mit ähnlichen Problemen müssen auch ähnlich ausgestattet sein. Was man früh investiert, muss man später nicht mit hohen Kosten reparieren.

Warum lassen Sie schlechte Schulen vor sich hindümpeln, wenn es so gute Beispielschulen gibt?

Von „Dümpeln“ kann keine Rede sein. Sicher gibt es Schulen, die auch selbst mehr tun müssen, aber Veränderungen lassen sich nicht einfach durch bürokratische Anordnungen erreichen: Eigenständige Motivation und Überzeugung sind erfolgsversprechender als Zwang von oben. Wir erhalten eine andere Situation, wenn wir – was bald passiert – sehr zuverlässige Qualitätsmerkmale für die Leistung von Schulen bekommen. Dann muss ein Kollegium erklären, warum es das eine oder andere nicht erreicht hat.

Es hat also keinen Sinn, schlechten Schulen zu sagen: Mach es so wie die „Erika-Mann“?

Doch, gerade an guten Beispielen muss man lernen. Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Lehrer ein hohes Interesse daran haben, ihre Arbeit zu verbessern. Die Haltung „Wir machen unseren Stiefel und der Rest interessiert uns nicht“ ist sehr gering verbreitet.

Die Leiterin der Erika-Mann-Grundschule, Karin Babbe, hat einen Antrag auf die Einrichtung einer zweijährigen Vorschule gestellt. Werden Sie das genehmigen?

Ich stehe dem aufgeschlossen gegenüber. Denn es kann sein, dass Kinder, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, eine intensivere Vorlaufzeit brauchen, um mit den Kulturtechniken und der Sprache vertraut zu werden. Aber generell müssen wir dazu kommen, dass es in allen Kindergärten systematische Sprachförderung gibt und auch die Kulturtechniken eingeübt werden. Anders geht es nicht.

Könnten Sie es den Grundschulen nicht überhaupt freistellen, eine zweijährige Vorschule aufzubauen?

Generell lautet die Antwort „Nein“, denn bei allen pädagogischen Überlegungen muss ich auch an die Finanzierbarkeit denken. Wir diskutieren derzeit, was aus der Vorschule und der Vorklasse wird. Wir werden uns damit systematisch beschäftigen müssen. Es kann sein, dass wir bei Kindern aus bildungsfernen Schichten mehr investieren müssen als bei anderen. Wir werden dann festlegen, welche Ergebnisse zum Ende der Kindergartenzeit erreicht werden müssen.

Sie haben sich im Parlament dagegen ausgesprochen, Lehrer zu verbeamten. Warum?

Es gibt keinen zwingenden Grund, warum Lehrer Beamte sein müssen. Wenn die Schulen zukünftig größere Eigenverantwortung bekommen, brauchen sie mehr Beweglichkeit – auch personell. Man könnte bei Angestellten auch mal mit zeitlicher Befristung arbeiten. Zudem wäre es leichter, ungeeignete Lehrer loszuwerden. Natürlich will ich kein Hire-and-Fire-Prinzip nach dem Motto „Drei schlechte Stunden und schon wirst du rausgeworfen“. Das ist Unsinn und ginge auch nach dem Angestelltenrecht nicht.

Werden wir irgendwann dazu kommen, dass die Arbeit von Lehrern stärker kontrolliert und bewertet wird?

Wenn es uns gelingt, bundesweit Qualitätsmaßstäbe für Schule zu formulieren und zu kontrollieren, dann wird zwangsläufig auch die Frage gestellt werden, wie das Personal zu bewerten ist.

Das Gespräch führte Susanne Vieth-Entus

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