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Berlin: Mittelstand wagt sich über die Oder - Was Berliner Unternehmer nach Polen lockt

Was Berliner Unternehmer nach Polen lockt

Wolf-Gero Meier hat den Schritt nicht bereut: „Die Entscheidung, nach Polen zu gehen, zahlt sich schon jetzt aus“, sagt der für den Bereich Osteuropa zuständige Geschäftsführer der Firma Stolze Stahl Waren GmbH. Die Firma mit 25 Mitarbeitern in Köpenick handelt mit Töpfen, Pfannen und anderen Haushaltswaren, die aus Fernost importiert werden. Vor einem Jahr begann Meier die Planung für den Sprung über die Oder. Im laufenden Jahr rechnet die Firma in Polen mit einem Umsatz von über einer halben Million Euro. „Wir stocken die Zahl der polnischen Mitarbeiter jetzt von vier auf sechs auf und wollen demnächst auch nach Ungarn und Tschechien gehen“, kündigt Meier an.

Gute Ratschläge für die Expansion in die neuen EU-Mitgliedstaaten hat sich der Mittelständler bei der Investitionsbank Berlin (IBB) geholt. Die informiert Berliner Unternehmer regelmäßig über Chancen in der Region. „Wir bemerken, dass sich jetzt, über zwei Jahre nach dem EU-Beitritt, verstärkt kleine und mittlere Unternehmen in Mittelosteuropa engagieren“, sagt Sabine Ernst, die für die IBB Länderabende zu den östlichen Nachbarstaaten organisiert. Am vergangenen Dienstagabend stand Polen im Mittelpunkt. Der Nachbar ist unter den neuen EU-Ländern der mit Abstand wichtigste Handelspartner für Berliner Firmen.

Trotz tausendjähriger Nachbarschaft und enger Wirtschaftsbeziehungen scheitern viele Vorhaben an kulturellen Missverständnissen, warnt Krzysztof Wojciechowski, Direktor des Collegium Polonicum an der Europa-Universität Viadrina. Beispiel: In Vertragsgesprächen kommt es zu einer Diskussion unter den polnischen Teilnehmern, etwa zwischen Betriebsleiter und Chefingenieur. „Die deutschen Teilnehmer werten das oft als unprofessionell, stellen die Kompetenz der Geschäftsleitung in Frage“, sagt Wojciechowski. Für die polnische Seite sei die offene Diskussion dagegen eine Geste, die Vertrauen bilden soll: ’Seht, wir haben keine Geheimnisse vor euch’.

Neben kulturellen Differenzen behindern oft auch mangelnde Kenntnisse über die Nachbarn einen Geschäftsabschluss. „Die Deutschen müssen sich von der Vorstellung verabschieden, Polen sei ein Billig-Land“, warnt Marko Walde, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Polnischen IHK. Die durchschnittlichen Löhne seien zwar niedrig, „aber in den Wirtschaftszentren nähern sie sich denen in Westeuropa an.“

Mit Blick auf neue EU-Fördergelder ab 2007 eröffnen sich neue Chancen für Berliner Baufirmen, betont IBB-Finanzierungsberaterin Mechthild Telgen. Rund 350 Milliarden Euro Strukturfondsmittel stellt die EU bis 2013 bereit. „Es lohnt sich auch für mittelständische Unternehmen zum Beispiel an kommunalen Ausschreibungen teilzunehmen“, empfiehlt Telgen. Eine Einstiegschance für Berliner Unternehmen sei es, Public-Private-Partnerships mit polnischen Kommunen zu gründen.

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