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Berlin: Möbel-Tegeler muss einpacken

Familienbetrieb in Neukölln und Trebbin hat Insolvenz angemeldet. Branche verlor zuletzt 30 Prozent Umsatz

„Da bin ich platt“, sagt die Kassiererin bei Möbel Tegeler an der Grenzallee. Dass ihr Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hat – und damit wohl insgesamt 250 Mitarbeiter des Unternehmens mit Häusern in Neukölln und Trebbin ihren Arbeitsplatz verlieren werden – diese Hiobsbotschaft hat das Personal noch nicht erreicht. Aber die Geschäftsführung bestätigte gestern Abend, dass Möbel Tegeler wegen eines „dramatischen Rückgangs der Umsätze“ und nach dem Scheitern der Sanierungverhandlungen gezwungen sei, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Allerdings habe das Haus seine „Anstrengungen um eine mögliche Fortführung unserer Traditionsunternehmens noch nicht aufgegeben“, heißt es in einer Pressemitteilung des Einrichtungshauses mit Sitz in Trebbin. Möbel Tegeler setzt auf den vom Amtsgericht Potsdam eingesetzten vorläufigen Verwalter: Die Firma hofft, dass jener die Gespräche mit den beteiligten Banken wieder aufnehmen kann, „um letztlich für alle Beteiligten eine wirtschaftlich tragfähige, arbeitsplatzerhaltende Lösung herbeizuführen“.

„Entgegen der von ’Wirtschaftsweisen’, Wirtschaftsinstituten und Politikern verkündeten Durchschreitung der Talsohle haben wir feststellen müssen, dass in der Bevölkerung eine tiefe Verunsicherung hinsichtlich des Erhalts ihrer Arbeitsplätze und neu auf sie zukommender sozialer Lasten besteht“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Der Möbelkauf wird in solchen Zeiten auf später verschoben – eine verständliche Reaktion“.

Für den Berliner Einzelhandelsverband kam die Nachricht nicht überraschend. „Die Möbelbranche ist in Berlin besonders gebeutelt“, sagt dessen Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen. Im Jahr 2002 verzeichneten die Möbelhäuser nach Auskunft von Busch-Petersen einen Umsatzrückgang von 30 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit lag die Zahl bei nur 6,9 Prozent. In diesem Jahr schätzt der Einzelhandelsverband den Rückgang auf acht Prozent.

Auch Reinhard Kusian, 1. Vorsitzender des Fachverbandes des Möbel- und Küchenhandels Berlin-Brandenburg, bestätigt die Zurückhaltung der Kundschaft bei langlebigen Konsumgütern. Der Verband kritisiert aber auch die „aggressive Preispolitik“ einiger Vertreter der Möbelbranche. „Die Kunden gehen dann nicht mehr hin, wenn sie merken, dass der Rabatt nicht ehrlich war.“ Manch einer vermisse die Fachberatung, wenn Firmen wegen finanzieller Schwierigkeiten ausländisches Personal einstellen, das weniger Geld verlange. Kusian: „Ein Teufelskreis.“ Ikea hält Kusian für „ehrlich“, das Konzept, neben Möbeln auch Accessoires, Pflanzen und Dekostoffe zu verkaufen, gehe bei den Schweden auf.

Möbel Tegeler wurde 1988 in Neukölln gegründet – und war im Februar 2002 dort an der Grenzallee eingezogen, wo Möbel Hütter dicht gemacht hatte. Auch Möbel-Max, -Adam und -Marx sind bereits aus dem Stadtbild verschwunden. Bei Möbel Tegeler soll der Verkauf aber vorerst weitergehen.

Annette Kögel

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