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Berlin: Mysteriöser Mordanschlag auf Charité-Arzt

Ein 36-jähriger Kardiologe trank vergiftetes Mineralwasser. Der Verdacht der Ermittler gegen eine Kollegin bestätigte sich nicht

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Auf einen Kardiologen der Berliner Charité ist am 5. März dieses Jahres offenbar ein Mordanschlag verübt worden. Der 36-jährige Felix M. schwebte danach tagelang in Lebensgefahr und ist noch immer nicht völlig gesund. Die Mineralwasserflasche des Mediziners sei in einem Labor im Biomedizinischen Forschungszentrum des Virchow-Klinikums mit einer hochgiftigen Substanz versetzt worden, sagte gestern der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Frank Thiel. Er bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“. Als Motiv vermuten Staatsanwaltschaft und Polizei „Konkurrenz unter Forschern“. Sie ermitteln derzeit wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung.

Weil die Leitung der Charité ihre Mitarbeiter und die Öffentlichkeit nicht beunruhigen wollte, war der Vorfall geheim gehalten worden. Wohl auch aus ermittlungstaktischen Gründen: Wie der Tagesspiegel vom Leiter der Mordkommissionen der Berliner Polizei, André Rauhut, erfuhr, war zunächst eine Arbeitskollegin von Felix M. unter Verdacht geraten. „Wir haben die Frau wochenlang observiert, verdeckt gegen sie ermittelt und ihre Arbeitsräume durchsucht“. Bei einer Vernehmung vor drei Wochen habe sich aber der Verdacht nicht bestätigt – jetzt tappt die zuständige Mordkommission wieder völlig im Dunkeln.

Manfred Dietel, der zum Zeitpunkt des Giftanschlags noch Ärztlicher Direktor der Charité war, kann sich nicht vorstellen, dass jemand den engagierten und beliebten Arzt aus „Konkurrenzgründen“ töten wollte: „Gleichwohl muss man aber leider davon ausgehen, dass der Täter wahrscheinlich aus dem Mitarbeiterkreis stammt“, sagte er gestern dem Tagesspiegel. „An das Gift kommt man nicht so einfach heran. Und nicht jeder hat Zugang zu dem Kühlschrank, in dem die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe ihre Mineralwasserflaschen aufbewahrten.“ Dietel schließt allerdings auch eine „Verwechslung“ oder einen „schlechten Scherz“ nicht ganz aus.

Der „Scherz“ wäre allerdings für Felix M. fast tödlich gewesen. Der Familienvater brach einige Stunden, nachdem er aus der Flasche getrunken hatte, in seiner Zehlendorfer Wohnung zusammen. Er hatte furchtbare Schmerzen, erlitt einen Kreislaufkollaps. „Nur, weil er sofort von seinen Kollegen auf der Intensivstation der Charité behandelt wurde, hat er überlebt“, erzählt Manfred Dietel: „Er war ein junger, kerngesunder Mann – deshalb haben wir natürlich nach den Ursachen gesucht.“ Dabei entdeckten die Ärzte das an sich schwer nachweisbare Gift im Körper des Opfers und informierten die Polizei.

Die Ermittler fanden die gleiche Substanz in der Mineralwasserflasche, die offenbar immer noch im Labor stand. Nicht ganz ausgeschlossen ist deshalb, dass ein anderer als Felix M. aus der Flasche trinken sollte. Die Leitung der Charité wollte sich gestern nicht zu dem mysteriösen Vorfall äußern – auch nicht dazu, ob die unter Verdacht geratene Kollegin weiter in der Forschungsgruppe arbeitet.

Felix M. kann seiner Beschäftigung noch nicht wieder nachgehen, ist aber auf dem Weg der Besserung. Er gilt als fähiger Kopf auf dem Gebiet der Herzforschung, soll aber auch im Bereich der Molekularforschung mit anderen Einrichtungen zusammengearbeitet haben.

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