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Berlin: Nach der Notunterkunft wieder ein Palais

Am Anfang stand eine Ahnung. Ihretwegen gingen die Bauherren, die Primus Immobilien AG, ein großes Risiko ein.

Am Anfang stand eine Ahnung. Ihretwegen gingen die Bauherren, die Primus Immobilien AG, ein großes Risiko ein. Und mit ihrem Vorstand Michael Kämper gingen sie im Einklang mit der Denkmalpflege frohgemut, mit Stilgefühl und Detailtreue ans Werk. Gestern wurde der Presse gezeigt, dass sich die Ahnung erfüllte: Das ockerfarbene, siebengeschossige Haus Tempelhofer Ufer 11 in Kreuzberg ist wieder ein Palais geworden. Aufgestockt und erweitert im Verlauf der Jahrzehnte, aber im Kern ein Bau für die Gebrüder Carl und Paul Eger, vermögende Holzhändler am Landwehrkanal, durch die Architekten Knoblauch & Wex. Am Anfang war alles nämlich zweigeschossig gewesen. Mit den wechselnden Eigentümern ging es immer höher hinauf, aber immer mit Geschmack und auf solidem Fundament gebaut.

Erst in unseren Jahren, in denen Kriege und elende Umstände Menschen auf die Flucht über Berlin treiben, wurde aus dem Palais eine parzellierte Notunterkunft. Diese Nutzungen entstellten das Innere derart, dass kaum noch etwas zu sehen, allenfalls zu ahnen war von dem, was an Pracht und Weitläufigkeit hier einmal galt. Wand- und Deckenmalereien, Stuck und kunstvoll geschnitzte Paneele, Intarsien im Parkett, Fliesen und Kacheln, Kandelaber im Treppenhaus - alles war unter Schichten grässlichen Anstriches oder Linoleum oder anderem verborgen oder ganz abgeschlagen worden.

Da war man auf Ahnungen sehr angewiesen. Der kleine Brunnen, der nun in einer Nische des Treppenhauses wieder plätschert, fand sich verdreckt und beschädigt im Kutscherhaus. Allein dieses ist bei Betrachtung ein Genuss. Wer ahnt dergleichen hier am Landwehrkanal nahe dem U-Bahnhof Möckernbrücke. Es zeigt sich, dass in den letzten zehn, zwölf Jahren in Berlin Restauratoren herangereift sind, die so etwas können, die aus brüchigen Befunden ein Ganzes im alten Glanz erstehen lassen können. Hier führte Sylvia Koch Regie. Der Architekt Matthias Wunsch kam den Wünschen des denkmalbewussten Bauherren Kämper, soweit das gestern erkennbar wurde, auch in kleinsten Dingen hilfreich entgegen. Wo Rauchmelder ansonsten ein Raum-Gesamtkunstwerk stören - hier sind sie so geschickt verborgen, dass man das "Fünf-Mark-Stück-Knubbel" an der Decke kaum für so etwas hielte.

Nun ist alles fertig. Es können Büros einziehen. Es ist ein Haus wiedererstanden, an dem sich Einklang mit Denkmalanspruch zeigt.

Ekkehard Schwerk

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