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Berlin: Nachtleben zu Discount-Preisen

Wer in Berlin tanzen geht, gibt am Abend durchschnittlich nur 30 Euro aus Das macht es für neue Clubs schwer. Daher lockt das Goya mit freiem Eintritt

Nummer 167 macht sich Sorgen. Nicht so sehr um den Wert seiner Aktien, sondern um das Image Berlins. Hans-Peter Wodarz ist Aktionär Nummer 167 beim Club Goya. Er sagt: „Es wäre eine Katastrophe, wenn der Laden Pleite geht.“

Wodarz, Ex-Chef der Küchenshow Pomp, Duck and Circumstance, glaubt, dass ein Misserfolg des Goya nicht ohne Folgen für neue Party- und Eventveranstalter bleiben wird: „Wenn es so kommt, sind viele Leute abgeschreckt.“ Und das wiederum würde Folgen für das Nachtleben der Stadt überhaupt haben.

Das sieht Olaf Kretschmar ganz anders. Er ist einer der Betreiber des Oxymorons am Hackeschen Markt und Sprecher der „Club Commission“, einem Zusammenschluss Berliner Club- und Partyveranstalter. Dass die Startschwierigkeiten des Goya sich wie lähmender Mehltau auf die an sich pulsierende Szene legen könnte, glaubt er nicht: „Es gibt in der Stadt genügend Veranstalter, die es schaffen, an einem Abend 2000 Leute und mehr in ihren Laden zu ziehen.“ Er nennt das Beispiel des Berghains am Ostbahnhof. Das hat ein ganz anderes Konzept, eine andere Zielgruppe als das Goya, aber beide spielen, was die Größe angeht, in der gleichen Liga. Der Unterschied: Das Berghain hat klein angefangen und mit dem Ostgut einen legendären Vorläufer. „Solche Clubs haben sich ihr Publikum selbst geschaffen und herangezogen.“ Eine solche Phase hatte das Goya nie. Wie berichtet, steckt der Club am Nollendorfplatz in Schwierigkeiten; an den kommenden beiden Wochenenden sollen bei freiem Eintritt alle kommen und sich ein Bild vom Goya machen, das vor neun Wochen eröffnet wurde. Zu diesem ungewöhnlichen Schritt hat sich Vorstandschef Peter Glückstein entschieden. Gestern schrieb er einen offenen Brief mit der Einladung an alle Berliner. Und an die Aktionäre. Viele von ihnen haben Glückstein angeboten, bei Bedarf frisches Geld nachzuschießen.

Mit dem freien Eintritt reagiert Glückstein auf das, was Club-Commission-Sprecher Kretschmar die Besonderheit der Berliner Szene nennt: „Wir haben hier einen Verdrängungswettbewerb.“ Geschätzt 200 Clubs und Diskotheken gibt es in der Stadt, Neulinge im Markt müssen ihre Nische erst finden.

Einer Studie der Commission zufolge geben die Nachtschwärmer in Berlin pro Abend durchschnittlich 30 Euro aus – im internationalen Vergleich ist das Clubbing auf Discount-Niveau. Für Kretschmar sind diese Preise ein Standortvorteil: „Viele Touristen kommen gerade deshalb.“ Aber viele Betreiber mussten sich erst auf diese geringen Preise einstellen. Fünf bis zehn Euro kostet derzeit der Eintritt an den Türen der Stadt. Das Goya trat gleich in der Spitzengruppe an: zehn Euro.

Für Hans-Peter Wodarz spielt als Aktionär der Eintritt keine Rolle. Und auch das Geld nicht – er ist Ehren-Aktionär, hat für seine Anteile nichts bezahlt.

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