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Berlin: Nazi-Überfall vor der WM war erfunden Sechs Monate Bewährung

für betrunkenen Italiener

Mit seiner Geschichte von einem rechten Überfall wurde Gianni C. in den Tagen vor der Fußball-WM zu einem viel beachteten Opfer. Doch das, was der Italiener im Mai vom Krankenbett aus berichtete, war frei erfunden. Davon war gestern das Amtsgericht Tiergarten überzeugt. Der 30-jährige C. wurde wegen Vortäuschens eines fremdenfeindlichen Übergriffs zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem soll er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten – als „kleine Wiedergutmachung“ an der Gesellschaft, sagte die Richterin.

„Die von Ihnen behauptete Auseinandersetzung mit den von Ihnen behaupteten Folgen gab es nicht“, hielt sie dem Italiener vor. Es seien keine rechten Schläger gewesen, die Gianni C. die Kniescheibe zertrümmert hatten. Vielmehr sei der damals angetrunkene Italiener „ohne äußere Einwirkung in das Gleisbett des S-Bahnhofs Alexanderplatz gefallen“.

Gianni C. lebt seit zehn Jahren in Berlin, ist verheiratet, Vater einer einjährigen Tochter, von Beruf Eismacher, Pizzabäcker und Konditor. Er hatte im Prozess auf seiner Version eines Überfalls beharrt. Drei Kahlgeschorene hätten ihn auf der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg attackiert. „Ich bin als Scheißausländer beleidigt worden. Einer der drei Männer schlug mir mit einer Holzlatte vors Knie“, hieß es in seiner Erklärung. Einige Stunden später sei er dann am Alex auf die Gleise gestürzt. Dadurch könne sich die bereits vorhandene Verletzung am Knie verschlimmert haben.

Als er mit gebrochener Kniescheibe im Krankenhaus lag, sorgte er mit seiner Geschichte kurz vor der Fußball-WM international für Aufsehen. Es scheine, als würden Nazis dieses Fest zerstören, schrieb eine italienische Zeitung. Die Ermittler aber hatten von Anfang an Zweifel an den widersprüchlichen Schilderungen des Italieners. Videobilder vom Alexanderplatz zeigten schließlich ein ganz anderes Bild: Gianni C. lief erst ganz normal, setzte sich an die Bahnsteigkante, fiel dann auf die Gleise. Warum er die Lügengeschichte erzählt habe? „Vielleicht war es ihm peinlich, als quasi hilflose Person auf dem Alex gefunden zu werden“, sagte der Staatsanwalt. K. G.

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