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Rauchverbot

© dpa

Nichtraucherschutzgesetz: Verfassungsgericht berät über Einraumkneipen

Am Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Klage einer Berliner Wirtin entscheiden. Ihr Vorwurf: Wettbewerbsungerechtigkeit für Kneipen mit nur einem Raum.

Die Spannung steigt unter den Gästen und Wirten in Berlins Eckkneipen – nicht nur wegen der EM-Spiele, sondern auch im Hinblick auf eine Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe am morgigen Mittwoch. Dabei geht es um die Frage: Darf in Einraumkneipen weiter gequalmt werden, oder gilt wie in größeren gastronomischen Betrieben künftig uneingeschränkt das Nichtraucherschutzgesetz? Die Verfassungsrichter beschäftigen sich erstmals mit zwei Musterklagen von Kneipenwirten in Baden-Württemberg und einer Klage aus Berlin gegen die Rauchverbote in den jeweiligen Landesgesetzen. Und sie stehen unter Zeitdruck. Denn ab 1. Juli müssen Berlins Wirte mit Bußgeldern rechnen, falls in ihren Räumen noch gequalmt wird.

Das Rauchverbot in Berlins Gastronomie gilt seit Beginn dieses Jahres, aber der Gesetzgeber gewährte eine halbjährige Übergangsfrist ohne Kontrollen und Ahndungen. „Alle Betroffenen hatten lange genug Zeit, sich darauf einzustellen, dass ab 1. Juli Bußgelder verhängt werden können“, erklärte gestern Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke). In den Restaurants ist das laut Hotel- und Gaststättenverband auch kein Problem. Hier wollen ohnehin die meisten Gäste inzwischen ihr Essen rauchfrei genießen, außerdem lässt das Gesetz die Möglichkeit offen, abgetrennte Raucher-Separees zu schaffen. Über Umsatzeinbußen von 20 Prozent und mehr klagen aber die kleinen Eckkneipen und Bars, „in denen sich der klassische Raucher am wohlsten fühlt“, sagt der Berliner Anwalt Michael Friedrich.

Wettbewerbsungerechtigkeit für Einraum-Kneipen

Friedrich vertritt die Berliner Klägerin in Karlsruhe – Sylvia Thimm, Besitzerin der Musikkneipe „Doors“ an der Knaackstraße in Prenzlauer Berg – und führt dabei zwei Argumente ins Feld. Zum einen geht es ihm um „die Freiheit der unternehmerischen Berufsausübung“. Grund für den Umsatzschwund bei seiner Mandantin sei, dass die Gäste ohne Kippe kürzer verweilen und seltener kommen. Die Wirtin müsse deshalb frei entscheiden können, ob das Rauchverbot bei ihr gilt oder nicht. Zum anderen sieht Friedrich eine Wettbewerbsungerechtigkeit. Es sei erkennbar, dass Gäste zu größeren Kneipen abwandern, „in denen es Raucher-Separées gibt, die Wirte kleinerer Lokale aus Raum- und Geldmangel nicht einrichten können“. Deshalb müssten Einraum-Kneipen vom Verbot ausgenommen werden.

Senatorin Lompscher, die bei der Verhandlung in Karlsruhe dabei sein wird, hält Berlins Nichtraucherschutzgesetz für verfassungskonform. „Wir bewerten den Nichtraucherschutz höher als die Freiheit der Berufsausübung.“ Sollte das Gericht den Klägern recht geben, erwägt Lompscher, die Ausnahme von Raucherzimmern zu streichen. Dann seien die Kneipen nicht mehr benachteiligt.

Ein Urteil wird das Bundesverfassungsgericht bis August fällen. Bis dahin befinden sich die Bezirke „in einer komplizierten Situation“, sagt Pankows Ordnungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Gewinnen die Kneipen vor Gericht, müsse er Bußgeldverfahren eventuell rückgängig machen. Deshalb verhält sich Pankow wie die meisten anderen Bezirke abwartend. „Fallen Verstöße auf, gehen wir dagegen vor“, erklärt auch der zuständige Stadtrat in Charlottenburg, Marc Schulte (SPD). „Aber wir starten keinen Feldzug gegen Raucherkneipen.“ (sib/CS)

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