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Berlin: Noch kein Büro, aber schon mitten im Betrieb

Acht Berliner sind neu in den Bundestag eingezogen – und wissen nicht, ob sie zum Regierungslager oder zur Opposition gehören

Von Sabine Beikler

Bis vorgestern kannten sie sich nur vom Sehen. Doch als Monika Grütters und Rainer Eppelmann am Dienstagvormittag vor dem Max Liebermann Haus auf den Besuch des Bundespräsidenten warteten, kamen sie ins Gespräch. Die Vorsitzende der Stiftung Brandenburger Tor klagte ihrem CDU-Parteikollegen und Vorstand der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ihr Leid, dass sie als neue Bundestagsabgeordnete neue Büroräume suchen müsse. Rainer Eppelmann, scheidender Parlamentarier und ganz Gentleman, bot ihr seine Zimmer im Bundestagsgebäude Unter den Linden an. Noch bevor Horst Köhler zur Präsentation eines Buchbandes über die Deutsche Einheit eingetroffen war, hatte Monika Grütters ihre neue Bleibe gefunden.

Die Berliner CDU-Spitzenkandidatin ist neben den Parteifreunden Ingo Schmitt, Kai Wegner und Karl-Georg Wellmann, der SPD-Frau Mechthild Rawert, dem Grünen-Politiker Wolfgang Wieland sowie Gregor Gysi und Hakki Keskin von der Linkspartei neu in den Bundestag gewählt worden. Begehrte Adressen für die Büros sind das Jakob-Kaiser-Haus und das Paul-Löbe-Haus in der Nähe des Reichstagsgebäudes. Aber ein bisschen weiter weg schadet nicht, findet Rainer Eppelmann, früher DDR-Minister in den Wende-Kabinetten von Modrow und de Maizière. Die vier Büroräume im vierten Stock Unter den Linden „mit Blick in den Innenhof“ könne er sehr empfehlen. „Ruhig, klein und bescheiden.“

Für Grütters waren die ersten Tage im Bundestag „sehr spannend“: Bei der Fraktionssitzung am Dienstag wurde nicht nur die alte, neue Fraktionschefin Angela Merkel wiedergewählt. Nein, alle „Neulinge“ seien aufgerufen und vorgestellt worden. Auch ein Treffen aller weiblichen CDU-Abgeordneten habe es gegeben – „im Beisein von Frau Merkel“, betont Grütters. In Listen, welche Ausschüsse sie besuchen möchte, habe sie sich eingetragen: Mitglied im Kulturausschuss und stellvertretendes Mitglied in der Wissenschaft. „Das wär’s“, sagt sie und hofft, dass sie berücksichtigt wird.

Listen gibt es bei den Grünen nicht. „Wir sprechen untereinander“, sagt Wolfgang Wieland, der neu gewählte grüne Bundestagsabgeordnete. Klar, im Bereich Inneres und Justiz würde Berlins Ex-Justizsenator schon gern thematisch arbeiten. „Aber das werden wir alles noch sehen.“ Wieland geht es gelassen an. Und ein Umzug bereitet ihm auch keine logistischen Probleme. „Wie oft ich als Politiker schon um-, aus- und wieder eingezogen bin“, sagt er. Viele Jahre Abgeordnetenhaus, dann als Spitzenkandidat in Brandenburg das Potsdamer Büro, und seit der Rückkehr nach Berlin gleich mehrere Arbeitsorte: zu Hause, in seiner Kanzlei, in der Lindenstraße beim Grünen-Landesverband, jetzt im Jakob-Kaiser-Haus.

Wieland hat sich „fürs Erste“, sagt er, im Büro der scheidenden grünen Bundestagsabgeordneten und Stadtentwicklungsexpertin Franziska Eichstädt-Bohlig einquartiert. An den Wänden hängen noch Plakate über den „Stadtumbau Ost“, in den Regalen stehen Ordner über den „Umzug Bonn-Berlin“. Viele Schränke sind schon ausgeräumt. „Dramatisch“ erlebte Wieland seine erste Sitzung am Dienstag, als Joschka Fischer überraschend seinen Rückzug erklärte. „Zum falschen Zeitpunkt“, findet Wieland. Jetzt ist er sehr gespannt, was wird. Auch die SPD-Fraktion tagte am Dienstag. Von Dramatik spürte die neue SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert aber nichts, vielmehr habe sie eine „frohe Stimmung“ erlebt. Dass sie noch keine Räume hat, stört sie nicht. „Ich habe schon andere berufliche Starts erlebt“, sagt sie. Außerdem hätten die SPD-Kollegen ihr jede Unterstützung zugesichert.

Wo die neu gewählten Abgeordneten der Linkspartei/PDS untergebracht werden, weiß deren „Umzugskoordinator“ André Nowak noch nicht. Nur eines ist gewiss: „Wir erhalten 266 Räume.“ Immerhin hat die Bundestagsverwaltung nach dem Wiedereinzug der Fraktion neben den alten Büros von Petra Pau und Gesine Lötzsch drei weitere Räume für die Linkspartei zur Verfügung gestellt. „Wir finden schon eine Lösung“, ist Nowak überzeugt. Er kenne ja einige Räume, die schon seit Jahren leer stünden. Wo genau, verrät er nicht.

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